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Mit Gebühren gegen Graffiti

An der Uni streiten Studierende und Verwaltung um die Verwendung der Studiengebühren. An der WiSo-Fakultät gab es neue Stühle, die Naturwissenschaftler kauften ein Auto

VON FLORIAN ZINNECKER UND KAIJA KUTTER

Vier Leinwände, zwei Beamer, drei Overhead-Projektoren, neue Stühle für Seminarräume und sogar die Beseitigung von Graffiti: Derartige Posten finden sich in einer internen Liste der Uni Hamburg, die aufführt, wohin die Studiengebühren des Jahres 2007 in der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (WiSo) geflossen sind.

Die Liste ist noch länger und der Unmut groß. Der einzige Zweck von Studiengebühren ist, so steht es im Hamburgischen Hochschulgesetz, die Lehre zu verbessern. „Die Gebühren sind nicht dafür da, einen Zustand aufrecht zu erhalten, der an einer Uni selbstverständlich sein sollte“, sagt Alena Thiem, Politikstudentin und Mitglied des WiSo-Fachschaftsrats.

Nach der Liste, die der taz vorliegt, plant die Hochschule außerdem, zwei Vertretungsprofessuren aus dem Gebührentopf zu finanzieren – weil hierfür anderweitig kein Geld da ist. Ein Skandal, findet Thiem: „Wenn Mitarbeiter wegen einer längeren Krankheit oder einer Schwangerschaft ausfallen, dann müsste doch in jedem Betrieb dafür gesorgt sein, dass eine Vertretung da ist.“ Wobei die Uni nicht als wirtschaftlicher Betrieb gesehen werden könne – auch wenn die „derzeit praktizierte und auf wirtschaftliche Verwertbarkeit ausgerichtete Politik“ in diese Richtung gehe.

Der WiSo-Fachschaftsrat würde sich wünschen, dass die Gebühren ausschließlich für Zusätzliches wie mehr Tutorien ausgegeben werden. Kurios: Nach bislang unbestätigten Informationen sollen an der WiSo-Fakultät bisher erst zehn Prozent der Gebühren ausgegeben worden sein, der Rest wurde zurückgelegt.

Die Uni-Leitung weist die Vorwürfe zurück. Die interne Uni-Liste enthalte Vorschläge der Fakultäten, „die ausdrücklich auch auf Anregungen von Studierenden zurückgehen“, sagt Sprecherin Viola Griehl. Demnach sei die Aufstellung als ein „Gesamtpaket von Maßnahmen“ zu verstehen, die „die Infrastruktur, also die Rahmenbedingungen für das Studieren“, verbessern sollten.

Die Vertretungsprofessuren würden mit Gebühren finanziert, weil dadurch längere Vakanzen vermieden würden und so die Qualität des Studiums wachse. Die Uni-Sprecherin: „Das sollte im Interesse der Studierenden sein.“

Originelle Verwendung für die Gebühren fand auch die Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften (MIN), die einen Bus von Studiengebühren kaufte. Das Fahrzeug sei für Exkursionen bestimmt, erklärt Studiendekanatsleiter Kai Simonsen. „Das ist sehr sinnvoll, weil wir früher für teures Geld Busse anmieten mussten.“

„Ich zweifle sehr, ob es durch die Gebühren wirklich zur Verbesserung der Studienbedingungen kommt“, sagt dagegen die GAL-Abgeordnete Heike Opitz. Sie hat vor acht Tagen eine schriftliche Anfrage an den Senat gestellt, in der sie eine Aufschlüsselung der Ausgaben für alle Hochschulen und alle Fachbereiche verlangt.

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