: berliner szenen Seid Berlin!
Das ist Marketing
Berlin will sich mal wieder neu erfinden. Die Stadt will eine Marke werden. Holla! Adidas, BMW, Siemens, Rotkäppchen, Aldi, Berlin. Über zehn Millionen Euro macht der Senat locker, um sich national und international ins rechte Licht zu rücken. Vorbild sind Imagekampagnen anderer Weltstädte wie New York. Der Slogan „I love New York“ verkauft sich seit Jahrzehnten bestens – abgekürzt auf die drei Buchstaben INY. Das „love“ wird durch ein rotes Herz ersetzt.
Es gilt höchste Geheimhaltungsstufe für die Kampagne. Der Regierende Bürgermeister hat sie zur Chefsache erklärt. Und doch war in den letzten Wochen ein Slogan der Markenstrategen durchgesickert. Berlin mit drei Buchstaben neu zu erfinden ist den Werbern nicht gelungen. Ihnen ist dafür ein Spruch mit acht Buchstaben eingefallen: „Be Berlin“. Sei Berlin. Darauf muss man erst mal kommen.
Morgen soll die Kampagne offiziell vorgestellt werden. Klaus Wowereit hat schon mal die Marschrichtung vorgegeben: „Wir wollen das Gefühl, dass Berlin eine wunderbare Stadt ist, stärken.“ Es geht ihm um das Entwickeln einer Corporate Identity, eines Stolzes der Berliner auf ihre Stadt. Ich dachte ja schon, der Bürgermeister sei jetzt bi. Weil „Be Berlin“ ein bisschen so klingt.
Normalerweise würde ich solche Kampagnen ignorieren. Aber morgen, am 11. März, wenn Berlins neues Image mit großem Tamtam verkündet wird, ist mein Geburtstag. Nun habe ich Schiss, dass mich das in eine Identitätskrise stürzen könnte. Bisher wusste ich in etwa, wer ich bin. Aber jetzt soll ich Berlin sein. Keine Ahnung, wie das geht. Die Berliner haben einen schönen Spruch parat, wenn jemand etwas gar Seltsames tut. Sie sagen dann: „Du bist ja ’ne Marke.“
BARBARA BOLLWAHN
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