piwik no script img

Umkämpfte Gewässer

Das Gewerbe der Krabbenfischer leidet unter Flussvertiefungen, Offshore-Windparks und Kohlekraftwerken. Von Greenpeace aber kommt für die Fischer nur bedingt Unterstützung

von Maximilian Probst

Der möven umschwirrte Krabbenkutter gehört zum Inventar unserer inneren Bilderwelt. Wo auch immer wir gerade sind: wir brauchen nur die Augen zu schließen und schon sehen wir ihn, in der Flussmündung schippernd, unter dem im Abendlicht flackernden Himmel. Es könnte allerdings sein, dass dieses Bild bald nur noch in unserer Erinnerung fortdauert. Denn die Krabbenfischer der Nordseeküste sehen sich durch den florierenden Bau von Offshore-Windanlagen, den geplanten Kohlekraftwerken an der Küste und den Ausbaggerungen der Flüsse in ihrer Existenz bedroht.

Der Vorsitzende des niedersächsischen Landesfischereiverbandes Weser-Ems, Dirk Sander, hat diese Entwicklung kürzlich auf der Jahreshauptversammlung in Neuharlingersiel (Kreis Wittmund) scharf kritisiert. Schon jetzt habe sich die Vertiefung von Weser, Elbe, Ems und Jade deutlich auf den Fang ausgewirkt. Statt das Baggergut weit draußen zu verklappen, schimpft er,würde man es aus Kostengründen im nahen Watt entladen, wo es sich „wie eine Bleidecke“ über die Flora und Fauna des Meeresboden legte.

Zur Kühlung der Kohlekraftwerke wiederum würden Rohre verlegt, die mit einem Durchmesser von vier Metern 130.000 Liter Wasser pro Sekunde aus den Flussmündungen ansaugten: „Da wird die Muschelsaat durchgehustet.“ Und wenn dann noch die geplanten Windparks kämen, „wären 50 Prozent unserer Fanggebiete verloren“, verkündete Sanders höchst alarmiert.

Der letzte Punkt dieser Klage stößt beim Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie, das die Genehmigungen für die Winkparks erteilt, auf Skepsis. Die meisten Anlagen, würden weit draußen auf dem Meer gebaut, die küstennahe Krabbenfischerei wäre davon gar nicht betroffen. Allerdings räumt man ein, dass einige Anlagen, etwa bei Nordergrunde in der Wesermündung, die Fischer möglicherweise behindern. „Wenn die Grundschleppnetze an Verankerungen oder Kabeln der Windanlagen hängen bleiben, kann so ein Kutter schon mal kentern“, sagt ein Sprecher.

Für Greenpeace gehört es dagegen ausdrücklich zu den positiven Effekten der Offshore-Windanlagen, dass sie Krabbenfischer fernhalten. Denn abgesehen vom Schaden durch Beifänge, die mit allen Arten von Grundschleppnetzen einhergingen und nachher wieder über Bord geworfen würden, stellten die im Krabbenfang verwendeten Baumkurren, die mit Stahlkufen über den Grund schrammten, eine besondere Belastung des Meeresboden dar.

Und Ohnehin wollen die UmweltschützerInnen ja vierzig Prozent der Meere vor dem Fischfang bewahren. Da kommen ihnen die Sperrgebiete der Windkraftanlagen freilich ganz gelegen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen