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berliner szenen Zeitschleife

Die Frau mit den Stäben

Sie steigt immer aus dem hinteren Teil der S-Bahn aus, ich im vorderen. Ich treffe sie, wenn sie die Treppe herunterkommt ins Zwischengeschoss des Bahnhofs Friedrichstraße. Ihre unförmige Figur wird von einem Mantel umhüllt, beige mit einem falschen Pelzkragen. Was sie darunter trägt, ist kaum zu sehen, abgetretene Wanderstiefel schauen hervor.

Das Auffälligste an ihr sind aber die zwei Utensilien, die sie immer bei sich trägt, solange ich sie sehe, also bestimmt seit fünf Jahren. In der linken Hand hält sie einen oder mehrere Stäbe, die ihren Körper überragen, eingewickelt in hellen Stoff. Über der rechten Schulter trägt sie eine schwere Tasche aus ähnlichem Stoff, der Inhalt ist nicht erkennbar. Durch das Gewicht neigt sich der unförmige Körper nach rechts, und ihr Gang ist schleppend. Eines Tages habe ich sie gefragt, was sie mit sich herumträgt, aber an ihre Antwort kann ich mich nicht erinnern. Vielleicht hat sie auch nur undeutlich gesprochen.

Zuerst dachte ich, dass sie eine Marktfrau ist, die ihren Marktschirm mit sich herumschleppt. Wenig später schien mir das falsch, denn wo sind ihre Waren, die sie verkauft? Irgendwann kam ich zu der Überzeugung, dass sie eine einsame Mahnerin gegen oder für etwas ist und jeden Tag zur gleichen Zeit ihre Position irgendwo an einem öffentlichen Platz in Berlin einnimmt. Dann rollt sie ihr Transparent auf, steht und mahnt stumm.

Als ich nach eineinhalb Jahren Pause die Strecke wieder einmal fuhr und sie zum ersten Mal wiedersah, hatte ich ein komisches Gefühl. Als ob ich in eine Zeitschleife geraten wäre und die Frau der Bote der Wiederholung des Lebens ist. Schön, wenn das die Botschaft ihres Transparents wäre. ELKE ECKERT

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