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Hilfe für Salomonen kommt zu spät

Das Ausmaß der Sturmkatastrophe auf den abgelegenen Salomonen-Inseln Tipokia und Anuta ist nach wie vor nur zu erahnen, die Zahl der Opfer dürfte aber sehr hoch sein. Der bankrotten Regierung fehlt selbst das Geld für den Bootstreibstoff

aus Melbourne BORIS B. BEHRSING

Fünf Tage nachdem der Zyklon „Zoe“ mit 300 Stundenkilometern über die Salomonen hinwegfegte und elf Meter hohe Wellen ganze Dörfer unter sich begruben, sind die Bewohner noch immer ohne Hilfe. Die Welt rätselt weiter über Opferzahl und Ausmaß der Verwüstungen auf den am meisten betroffenen Inseln Tipokia und Anuta.

Australische Luftwaffemaschinen überflogen gestern erneut die Inseln. Dabei wurde kein einziger Mensch gesichtet. Luftaufnahmen von Tikopia zeigten, dass dort etwa die Hälfte der Gebäude zerstört sind. Am Vortag hatten Vertreter von AusAid berichtet, sie hätten beim Flug über die Inseln Menschen beim Wiederaufbau ihrer Häuser und beim Fischfang gesehen.

Nach offiziellen Auskünften aus der Hauptstadt Honiara sind 1.300 der rund 3.000 Einwohner in Lebensgefahr. Seit Sonntag sind alle Telefonverbindungen zu den Inseln abgerissen. Der in Honiara tätige Arzt Herman Oberli vermutet, dass für die meisten der ernstlich verletzten Insulaner jede Hilfe zu spät komme. Oberli befindet sich an Bord eines Frachtschiffes, das am Donnerstag in Honiara mit Medikamenten, Lebensmitteln und Trinkwasser beladen wurde. Verläuft die etwa 1.000 Kilometer weite Seereise ohne Zwischenfälle, wird die erste Hilfe am Sonntag eintreffen.

Die Behörden in Honiara wollten schon vor Tagen ein Patrouillenboot der Polizei zum Katastrophengebiet entsenden. Ein Streit an Bord des Bootes über die Löhne der Mannschaft machte diese Pläne zunichte. Zudem fehlt der Regierung des nach einem blutigen Bürgerkrieg bankrotten Staates sogar das Geld für Diesel. Erst nachdem Neuseeland und Australien sich bereit erklärten, die Kosten der Hilfsaktion zu tragen, wurde das Frachtschiff gechartert. Hilfe per Flugzeug ist nicht möglich, da die Inseln keine Landebahnen haben.

Der australische Außenminister Alexander Downer reagierte gestern auf Vorwürfe, seine Regierung habe zu langsam reagiert. Downer räumte ein, dass die Katastrophenhilfe zu spät anlief. Eine so lange „Wartezeit“ wäre bei einer vergleichbaren Katastrophe in Australien unverantwortlich gewesen, so Downer. Bei so abgelegenen Inseln habe man aber nicht schneller reagieren können. Selbst die australische Labor-Opposition machte den späten Hilferuf der salomonischen Regierung für die Verzögerung verantwortlich.

Für Rettungsmaßnahmen in der Region sind laut einem internationalen Abkommen Australien, Neuseeland und Frankreich verantwortlich. Der neuseeländische Außenminister Phil Goff sagte gestern, er habe versucht, einsatzbereite Schiffe zu finden, die Helikopter transportieren könnten. Diese könnten Lebensmittel abwerfen. Bislang blieb Goffs Suche erfolglos.

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