: Erholung ohne Chlor im Pool
Interview mit Reinhard Stefan Tomek, Betreiber von Deutschlands erstem Ökohof mit Wellnessfarm in Retzow
Nach einer Karriere im internationalen Management entschied sich der Österreicher Reinhard Stefan Tomek vor zehn Jahren sein Leben umzukrempeln. Seitdem betreibt der 57-Jährige in Retzow (Mecklenburg-Vorpommern) einen Ökohof mit Wellnessfarm. Reiki, Magnetfeldtherapie, Johanniskrautmassagen und ayurvedische Ölbäder werden dort unter anderem geboten.
taz: Ökowellness, das hört sich nach Hirsebrei und kalten Abreibungen an.
Tomek: Im Gegenteil! Aber zum wahren Genuss gehört auch das Bewusstsein dafür, dass es echte Wellness nur geben kann, wenn die Ernährung, die Luft oder das Wasser, das ich zum Wohlfühlen brauche, giftfrei sind.
Was kritisieren Sie an konventioneller Wellness?
Vieles, was manche 5-Sterne-Hotels anbieten, zum Beispiel. Da gibt es zwar Wellness, aber dafür Industrieprodukte zum Frühstück, Chemie in der Kosmetik, Chlor im Pool, Pilze in der Klimaanlage.
Das ist keine echte Wellness?
Ja, es gibt bei Wellness sehr viele, die nur die Euros sehen und ihre teuren Hotelzimmer damit verkaufen möchten. Wellness muss auch für andere zugänglich sein als für diejenigen, die sich ein Hotelzimmer für 250 Euro aufwärts die Nacht leisten können.
Was unterscheidet Ihr Konzept vom generellen Angebot?
Richtiges Wohlfühlen entsteht nicht dadurch, dass man sich passiv verhält und gerade mal entscheiden muss, ob ich jetzt in die oder die Sauna gehe. Sondern medizinisch orientierte Wellness entsteht dann, wenn ich mich mit mir selbst beschäftige und wenn es mir möglich ist, ganz individuell ein Programm aufzubauen, das auf meine Persönlichkeit zugeschnitten ist.
Ist das nicht anstrengend? Viele wollen doch nur die Beine hochlegen und sich verwöhnen lassen.
Wenn einer glaubt, dass sich Wohlfühlen dadurch einstellt, dass einer nichts tut, dann kann er das genauso gut zu Hause machen oder in einer Hütte. Dann braucht man nicht so viel Geld auszugeben.
Da gaukeln sich also manche etwas vor, indem sie glauben, sie tun etwas für sich?
Der wahre Luxus besteht doch darin, dass ich mich mit mir selber beschäftige und ich eine Beratung darüber bekomme, was für mich persönlich gut ist. Einfach nachzudenken, welcher Typus bin ich, welche Blutgruppe habe ich eigentlich? Und was ist dann als Ernährungs-, Bewegungs- und Entspannungsprogramm für mich gut? Das Gehirn ist ein wunderbarer Motor unserer eigenen Reparaturmechanismen. Wenn ich einfach mal die positiven Seiten erkenne und die Defizite, die ich habe, abarbeite, dann entsteht schon Wellness.
INTERVIEW: CHRISTINE BERGER
Ökowellnessfarm Retzow, Gnevsdorfer Weg 12, 19395 Hof Retzow, Telefon (03 87 37) 30 40, www.oekowellness.de
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