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ejectJENNI ZYLKA über Retrofernsehen und mit Remoulade verzierte Käseigel

We want the Funky Forties!

Durch Schaden wird man vergesslich: Verdutzt erlebte man im letzten Jahr, wie sich mehr und mehr ZuschauerInnen um die Kiste drängelten, wenn entweder 1.) olle Fernsehkamellen ausgegraben und in Form von Rückblicken in Schwarz-Weiß und 70er-Grellbunt ausgestrahlt oder 2.) altes Zeug in neue Formen, zum Beispiel als „80er-Jahre-Show“ oder als Popquiz, gegossen wurde.

Weil die Branche nicht auf den Kopf gefallen ist (oder wenn, dann merkt man es ü-ber-haupt nicht), hat sie schnell noch mehr Retrococktails in Auftrag gegeben. Hape Kerkeling wird bald die 70er auferstehen lassen (die längst durch sind, was – wie immer – ARD, ZDF und der Spiegel zu spät mitkriegen), aber uns kam zu Ohren, dass noch mehr wunderschöne Jahrzehnte eine TV-Renaissance erleben werden: Nach der „Swinging Sixties“-Show, in der Dietmar Schönherr sich selbst in elf Folgen interviewt, und einer für 2004 geplanten „Bopping Fifties“-Show, in der es Soleier- und Mit-Remoulade-verzierte-Käseigel-Wettessen sowie einen (in Ermangelung echter 50er-Jahre-Charaktere) Götz-Alsmann-Lookalike-Contest geben wird, soll ab 2006 die „Funky Forties“- Show starten.

Bei den Vorbereitungen kam es sogar schon zu einem Zwischenfall: Die Macher der Show entschieden sich, von den bereits verpflichteten No Angels, die als BDM-Mitglieder verkleidet deutsche Volkslieder und, im großen Finale, das Horst-Wessel-Lied interpretieren sollten, nur Sandy (die Blonde, Element Wasser) in ihrer Sendung auftreten zu lassen. Angeblich wurde die Absage in Form eines „sehr hässlichen Briefes“, so das Management, an die Mädchen geschickt, die sich nun um den Aufbau eines Programms im Rahmen der für 2007 geplanten „Roaring Twenties“-Show bemühen, mit Vanessa, Jessica und Nadja als Josephine Baker.

Außerdem gibt es Querelen bei der Suche nach dem „Funky Forties“-Moderator: Nachdem Johannes B. Kerner überraschend absagte, Guido Knopp gar nicht gefragt wurde und die Produktionsfirma diverse CSU-Politiker als „zu alt für die Zielgruppe“ ablehnte, beibt die Wahl zwischen Jürgen W. Möllemann, der sich brieflich um die Stelle beworben hatte („ein neues Betätigungsfeld, in dem ich vor allem die junge Generation erreichen kann“) und Sonya Krauss, die „die Vierziger zwar nicht kennt, aber glaubt, dass ganz schön was los war, vor allem in Sachen Dancing und Fun“. Wir bleiben dran.

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