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Nicht schneller, nur pünktlicher

Ab heute steht die Bahnstrecke Hamburg-Lübeck unter Strom, ab Dezember fahren E-Loks auf der Strecke. Trotzdem bleibt die Taktung der Züge gleich, auch der Fahrplan wird nicht verändert

Bei vielen Fahrgästen der Regionalbahn R 10 war der kleine Maulwurf mit dem Käppi auf dem Kopf und der Kabel in der Pfote verhasst. Kündigt er doch seit zwei Jahren immer wieder ärgerliche Fahrplanausfälle an, für die er wegen der Elektrifizierungsarbeiten der Strecke Hamburg – Lübeck um Verständnis warb.

Seit heute hat das Maskottchen endlich ausgedient. Denn dann werden die Oberleitungen an den silbernen Masten, für die entlang der Strecke etliche Bäume gefällt wurden, mit einer Spannung von 15.000 Volt unter Strom gesetzt.

Anlass für die Deutsche Bahn gestern die Bevölkerung zu warnen. „Wer auf Brückenvorbauten, Maste oder Wagen klettert, begibt sich in Lebensgefahr“, heißt es in einer Pressemeldung. Bereits ein Abstand von weniger als 1,5 Metern zur Oberleitung und ihrer Aufhängung könne zu einem „meist tödlichen Stromschlag“ führen. Dies gelte auch für das Hantieren mit Luftballons, Drachen und Wasserschläuchen. Die Bundespolizei Kiel führe regelmäßig Präventionsunterricht an Schulen durch, um Kinder für die Gefahren zu sensibilisieren.

Der Bahnbetrieb geht aber erst mal noch weiter wie gehabt. „Auf die Kunden wirkt sich das im ersten Schritt überhaupt nicht aus“, sagt Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis. In den nächsten sechs Wochen würden zunächst technische Abnahmen und Probefahrten mit E-Loks durchgeführt. Erst mit dem Fahrplanwechsel am 14. Dezember würden dann die lauten Dieselloks auf der Strecke außer Dienst gestellt. Wichtig sei die Elektrifizierung, für die Bahn, Bund und Länder 165 Millionen Euro ausgaben, vor allem für den Güterverkehr vom Lübecker zum Hamburger Hafen.

Doch für den Personenverkehr ändert sich auch mit den E-Loks nicht viel. Zurzeit fährt die Regionalbahn am Tag nur alle halbe Stunde, was für Bewohner der östlichen Vororte Hamburgs wie Tonndorf, Rahlstedt und Ahrensburg im Alltag beschwerlich ist. Eben diese Taktzeiten ändern sich laut Meyer-Lovis nicht. Auch ist die Bahn nicht eine Minute schneller am Hamburger Hauptbahnhof, wie zu Baubeginn in Aussicht gestellt. Aber immerhin verspricht der Bahnsprecher einen „stabileren Fahrplan“, mit pünktlicheren Zügen. Erst ein Jahr später, ab Dezember 2009, werden auf der Regionalstrecke klimatisierte Doppelstockzüge eingesetzt.

Dem Hamburger SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Ole Thorben Buschhüter reicht das nicht: „Die Kernbotschaft ist, es ändert sich nichts.“ Er engagiert sich seit Jahren für den Bau einer S-Bahn für den Osten des Hamburger Umlands. „Wir wollen, dass mehr Züge fahren, in dichteren Taktzeiten, die auch in das S-Bahn-Netz der Stadt eingefädelt werden.“

Platz für die dafür nötigen zusätzlichen Gleise würden im Prinzip seit den 30er Jahren entlang der Strecke vorgehalten. Im schwarz-grünen Koalitionsvertrag des Hamburger Senats steht immerhin, dass man ein Gutachten erwarte, das prüfen soll, wie man den öffentlichen Nahverkehr Richtig Ahrensburg verbessern kann. KAIJA KUTTER

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