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„Wieviel kostet ein Kinderleben?!“

300.000 Euro will das Wirtschaftsressort in den Tunnel an der Bischofsnadel stecken. 10.000 Euro für einen sicheren Schulweg im Stephani-Viertel sollten dagegen „schwierig aufzutreiben“ sein. Das brachte die Eltern auf die Palme – mit Erfolg

taz ■ Da prallten Welten aufeinander. Einen sicheren Schulweg vom Doventor- ins Stephani-Viertel fordern AnwohnerInnen am Montagabend im Beirat Mitte. Weil sie Angst vor dem dunklen Tunnel unter der Ostzufahrt Stephani-Brücke haben, in dem unlängst ein Exhibitionist seine Hose herunterließ, laufen die Kinder derzeit oben am Doventor entlang – auf dem Radweg, wo nebenan die LKW brettern. Viel zu gefährlich, finden die AnwohnerInnen. „Wir wollen unsere zwölfjährigen Kinder nicht mehr begleiten müssen“, sagt Sprecherin Reinhild Heider.

Etwa 10.000 Euro würde es kosten, neben dem Radweg provisorisch einen Fußweg anzulegen und mit einem Geländer zur Straße hin abzusichern, zusätzliche Ampeln inklusive – das haben die Anwohner vorgeschlagen. Doch Waltraut Osterloh, Leiterin der Straßenverkehrsbehörde, dämpfte die Erwartungen. Die Fahrspuren könnten nicht einfach zugunsten eines Fußweges schmaler gemacht werden. Das Geld für die Baumaßnahme sei überhaupt „schwierig aufzutreiben“. Die AnwohnerInnen toben. „Wieviel kostet ein Kinderleben?!“, fragt eine Mutter.

Spätestens 2006, wenn der Wall bis in die neue Überseestadt am Hafen führen soll, muss die Kreuzung Am Wall/Doventor sowieso komplett neu gestaltet werden. Dann dürfte auch der dunkle Tunnel darunter endgültig geschlossen werden. Die Stadtplaner hätten „kein Interesse am Erhalt der Unterführung“, sagt Osterloh. Bis zum großen Umbau wollen die AnwohnerInnen allerdings nicht warten. „Muss erst ein Kind vom Lkw überfahren werden?“, erregt sich eine Zuschauerin. „Da muss im nächsten Monat was passieren“, bringt Beiratssprecherin Ulrike Hiller (SPD) die Stimmung auf den Punkt.

Einstimmig verlangten die Beiräte, zumindest die bestehenden Radwege auf beiden Seiten des Doventors für Fußgänger zu öffnen, mit einem Geländer zu versehen und zusätzliche Fußgängerampeln anzuschließen – offensichtlich mit Erfolg: „Die Finanzierung steht, der Kostenvoranschlag für die Ampeln wird erstellt“, verkündete Osterloh gestern, keine 20 Stunden nach der Beirats-Sitzung. Und: „Das wird jetzt ruck-zuck gehen.“

Ebenfalls ruck-zuck will sich Mitte des Monats das Wirtschaftsressort 300.000 Euro vom Wirtschaftsförderungsausschuss genehmigen lassen. Mit dem Geld sollen die Läden in der Unterführung Bischofsnadel „vermietungsfähig“ gemacht und der Tunnel selbst heller und freundlicher gestaltet werden. Wofür das Geld genau ausgegeben werden soll, bleibt allerdings fraglich. Die Pläne müssten erst noch erstellt werden. Ein neues Gutachten habe empfohlen, Gastronomie, Dienstleistungen und Einzelhandel im Tunnel anzusiedeln. Das Angebot einer Suppenküche liege bereits vor.

„Lächerlich“, urteilte Beiratssprecherin Hiller: „Ein Tunnel bleibt ein Tunnel: Da kann man keine Passage draus machen.“ Lediglich Rollgitter zum Schutz der Glasscheiben sollten den Ladenpächtern gestellt werden, die Mieten müssten zudem deutlich unter die vom Wirtschaftsressort angepeilten 17,50 Euro pro Quadratmeter sinken, beschloss der Beirat. 3,5 Millionen Euro sind bisher in die Bischofsnadel investiert worden“, empört sich Rolf Schröder (SPD): „Haben Sie mal durchgerechnet, was es kostet, die Läden ganz raus zu nehmen?“

Armin Simon

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