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Sonnen statt Heizen

Ein Beitrag zum Klimaschutz: Passivhaus-Tagung im CCH. Vorbildliche Projekte in Hamburg vor allem beim Geschosswohnungsbau. Darmstädter Passivhaus-Institut lobt Wettbewerb der Umweltbehörde

„Der gesamte Endenergieverbrauch ist daher um mindestens einen Faktor vier geringer“

von GERNOT KNÖDLER

Die Küste hat Nachholbedarf: Während es für Hessen, Baden-Württemberg und Bayern für bereits gebaute Passivhäuser lange Listen gibt, werden diese immer kürzer, je weiter man nach Norden und Osten kommt. Um die Entwicklung dort voranzutreiben, organisiert das Darmstädter Passivhaus-Institut seine 7. Internationale Passivhaustagung mit Fachausstellung am 21. und 22. Februar im Congress-Centrum Hamburg (CCH). Architekten, Bauträger, Bauherren, Wissenschaftler und die Anbieter von Komponenten werden die neuesten Planungshilfen und Problemlösungen diskutieren. Der Eintritt zur begleitenden Fachausstellung zu Produkten, Werkstoffen und technischen Systemen ist frei.

Passivhäuser kommen ohne aktive Heizung und Klimaanlage aus und setzen damit den Spitzenstandard beim energiesparenden Bauen. Voraussetzung dafür ist ein Jahresheizwärmebedarf von unter 15 Kilowattstunden (kWh) pro Quadratmeter, der nach Angaben des Passivhaus-Instituts zu Heizkosten von zehn bis 20 Euro im Monat für ein Einfamilienhaus führt. Der gesamte Primärenergiebedarf für Heizung, Warmwasser und Strom darf in Europa 120 kWh pro Quadratmeter und Jahr nicht überschreiten, so dass dieser durch erneuerbare Energiequellen gedeckt werden kann. „Der gesamte Endenergieverbrauch eines Passivhauses ist daher um mindestens einen Faktor vier geringer als der durchschnittliche Verbrauch in Neubauten nach den jeweils geltenden nationalen Vorschriften“, behauptet das Institut.

Erreicht wird das durch eine kompakte Bauweise, Isolierung mit kontrollierter Be- und Entlüftung, Ausnutzen der Sonneneinstrahlung und Haushaltsgeräten von höchster Energieeffizienz. Der neue Kühlschrank sollte im Laden schon mit einem „A“ markiert gewesen sein. Sonnenzellen und -kollektoren, Wärmepumpen und eventuell auch eine Biogasanlage oder ein Windrad sorgen für die Zusatzenergie.

Über derartige Einfamilienhäuser in der Ökosiedlung Bramwisch und in Jenfeld hat die taz hamburg schon berichtet. Inzwischen werden auch Mehrfamilienhäuser nach diesem Standard geplant und gebaut. Hamburg habe „insbesondere im Geschosswohnungsbau“ vorbildliche Projekte vorzuweisen, lobt das Passivhaus-Institut. Zusammen mit einer vorbildlichen Förderpolitik seien das weitere Gründe gewesen, die Tagung an der Elbe stattfinden zu lassen. Besonderen Eindruck machte in Darmstadt der gut dotierte Passivhaus-Wettbewerb der Umweltbehörde. Diese prämierte im vergangenen Sommer vier von zwölf teilnehmenden Passivhaus-Projekten.

Den ersten Preis erhielt ein Projekt der Stadterneuerungs- und -entwicklungsgesellschaft (Steg), gegen das seit kurzem Unterschriften gesammelt werden, weil dafür ein sehr altes Gebäude in St. Pauli abgerissen werden müsste (taz berichtete). Der Entwurf des Architekturbüros Thomsen, Möller und Partner wurde von der Jury als „die gelungenste Synthese aus architektonischer Qualität und energetischer Optimierung“ gewürdigt. Es vereint Büro-, Gewerbeflächen und Wohnungen unter einem Dach und hat ein gläsernes Treppenhaus außerhalb des speziell isolierten Kerns.

Den zweiten Preis teilen sich drei Projekte: Für die Eimsbütteler Telemannstraße entwarf das Büro Dittert und Reumschüssel ein Gebäude mit 18 Wohnungen und Gemeinschaftsraum für die Bewohner. Am Pinnasberg in St. Pauli, neben dem von der Nachbarschaft geplanten Projekt „Park-Fiction“ und der neuen Turnhalle, wird ein „Park-Haus“ für ein Wohnprojekt nach Plänen von Joachim Reinig gebaut. Die Architekten Werner und Nils schließlich entwarfen eine Passiv-Villa für eine Siedlung bei Hagenbecks Tierpark.

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