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Patriarch im Spätherbst: Richard Winkels

Der Präsident des Landessportbundes hat den letzten großen Wettkampf verloren. Kürzungen im NRW-Sportetat konnte Richard Winkels nicht verhindern. Jetzt muss der Warendorfer Sozialdemokrat einen Nachfolger finden

Wie in vielen Sportverbänden hat auch beim Landessportbund NRW ein alter Mann das Sagen. Nichts gegen Richard Winkels, aber der Sozialdemokrat aus dem münsterländischen Warendorf ist 83 Jahre alt. Die sportliche Ausstrahlung des Greises tendiert gegen null. Wer den Präsidenten bei der letzten Hauptversammlung des Landessportbundes (LSB) erlebte, sah einen Patriarch im Spätherbst seiner Herrschaft. Winkels‘ Credo: „Keine Kürzungen im Sport!“

Der seit 1987 amtierende LSB-Chef ist gescheitert, die letzte große Auseinandersetzung seiner Amtszeit hat Winkels verloren. Die 450.000 Ehrenamtlichen in 20.000 Sportvereinen müssen in diesem Jahr mit weniger Geld auskommen. Als die rot-grüne Landesregierung im Oktober Kürzungen im Sporthaushalt ankündigte, hatte Winkels losgeschimpft. Die Kürzungen seien „eine Katastrophe und ein Schlag ins Gesicht“ aller Sportler. Wütend drohte Winkels, eine Wahlempfehlung zuungunsten von Rot-Grün abzugeben.

Wenige Wochen später ist davon keine Rede mehr. Das Land kürzt – doch der alte LSB-Präsident schweigt. Auch bei der Entmachtung des Sport-Dachverbandes schaut Winkels tatenlos zu. Bislang kümmerte sich der LSB um die Anträge auf Übungsleiterzuschüsse, jetzt müssen sich die Sportvereine an die Städte wenden. Sportminister Michael Vesper (Grüne) hatte den Widerstand des LSB gebrochen, indem er zum Gegenangriff übergegangen war. Vor Journalisten hatte der Politiker die Verhältnisse in der NRW-Sportbürokratie offenbart. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung streute Vesper, dass der LSB 33 Millionen Euro aus Lotteriemitteln erhalte und damit 270 Beschäftigte finanziere. Die Verwaltungskosten des LSB lagen demnach bei 8,2 Millionen Euro, fast so hoch wie die Übungsleiterpauschale von 9,5 Millionen Euro.

Der Landessportbund – ein bürokratischer Wasserkopf, der den NRW-Sportvereinen finanzielle Mittel vorenthält? Vertreter der Basis bestätigen. „Ich höre immer Sportland NRW und bei uns vergammeln die Turnhallen und Sportplätze“, kritisiert ein ehemaliger führender Sportfunktionär die Förderpraxis im Land. Zwischen LSB und der sportlichen Basis vor Ort klaffe eine riesige Lücke. Schon bei der gescheiterten Olympia-Bewerbung von Düsseldorf Rhein-Ruhr zeigte sich diese Distanz. Während Sportminister Vesper das Land selbstzufrieden als „deutsche Metropole des Sports“ herausstellte, gab es aus den Stadtsportbünden und Vereinen kaum Unterstützung für die Kandidatur.

Winkels ist für diese Mißstände nicht alleine verantwortlich. Zudem hat der Ex-Landtagsabgeordnete nicht mehr die Energie und die Zeit, den LSB zu reformieren. 2005 dürfte die Ära Winkels vorbei sein. Ein Nachfolger ist nicht in Sicht. Schlimmer noch: Auch der Stellvertreter des Präsidenten steht nicht für eine Verjüngung des LSB: Vize-Chef Johannes Eulering ist auch schon 70 Jahre alt. MARTIN TEIGELER

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