Ethikkommission: Unerwünschte Stellungnahme
Das ist schon merkwürdig: Da ruft die bayerische Staatsregierung mit entsprechender Lautstärke einen eigenen Ethikrat ins Leben, der sich um die Biopolitik kümmern soll. Und wenn dann endlich wieder einmal eine der bestellten Stellungnahmen von dem Expertengremium fertig gestellt wurde, dann wird auf dem bayerischen Olymp so getan, als wüsste man von nichts.
Konkret: Gut sechs Monate ist es jetzt schon her, das die bayerische Ethikkommission seine Empfehlungen zur Reagenzglasselektion von Embryonen, der Präimplantationsdiagnostik (PID), abgab. Die interessierte Öffentlichkeit erfuhr davon jedoch erst Monate später. Entgegen der Meinung des bayerischen Ministerpräsidenten, der sich wiederholt für die Beibehaltung des PID-Verbots aussprach, ist sein Ethikgremium mit überwältigender Mehrheit für eine begrenzte Zulassung der PID. Zehn Stimmen votierten dafür, lediglich zwei Mitglieder dagegen.
Die bayerische Kommission war im Ergebnis so gar noch weitaus eindeutiger als die PID-Stellungnahme des von Bundeskanzler Gerhard Schröder initiierten Nationalen Ethikrats. Dabei wollte Ministerpräsident Edmund Stoiber doch mit seiner Kommission gerade zu dem Ethikrat des Kanzlers ein Gegengewicht aufbauen.
Bei der PID jedenfalls ist das nicht gelungen. Und das ist wohl auch der Grund dafür, dass außer dem lapidaren Hinweis, es handele sich ja nur um ein Beratergremium, bisher niemand von der Regierung in München veranlasst sah, ein Wort zu den Empfehlungen abzugeben.
Allerdings eine Lehre sollten Stoibers Mannen doch aus der Geschichte ziehen: Bei einer Ethikkommission kommt immer nur das heraus, was man als Experten hinein schickt. Bundeskanzler Schröder war da weitaus geschickter: Er hat bei der Besetzung seines Nationalen Ethikrats darauf geachtet, dass seine Interessen – Schluss mit den Scheuklappen – gewahrt bleiben.WOLFGANG LÖHR
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