piwik no script img

Nackt

Hoetgers Akte werben für Gaudí-Schau

Hübsche Menschen: nackt. Das ist der Akt. Immer nett. Und immer besser als ein leerer Ausstellungssaal. Den hatte man im Paula Modersohn-Becker Museum (PMBM) entdeckt, als die letzte Ausstellung abgehängt war.Also schnell mal den unüberschaubaren Magazinbestand durchforsten, um mit wenig bekannten Akten des Museumsarchitekten Bernhard Hoetger ein Ambiente zu schaffen, in dem sich Werbung für die ab 12. September präsentierte Schau „Gaudi. Lyrik des Raums.“ machen lässt. Gefunden wurden Bilder, die Kustos Daniel Schneider als „nicht originellen avantgardistischen Mainstream des Expressionismus“ bezeichnet.

Zu recht. Zu sehen sind 13 sehr hübsche Versuche, plastisch wirkende Hauttöne zu pinseln, mit Bleistift Figuren herauszukonturieren und ihnen ein Gesicht, Individualität anzudeuten. Alle Figuren ergehen sich in klassischen Posen des Denkens, Wägens, Kämmens, Träumens – und wirken wie Studien zu nie realisierten Plastiken. Konfrontiert mit den nebenan hängenden Mütter- und Kinder-Akten von Paula Modersohn-Becker machen sie Schreibers Einschätzung deutlich: „Hoetger hat ja all die Stile seiner Zeit aufgesogen und fünf Jahre später abgesondert wie ein Schwamm.“

Im Zentrum der kleinen Akt-Schau steht der Versuch, Hoetger als Fan Antoni Gaudis und die PMBM-Backsteinarchitektur mit ihren Rundtürmchen als Anspielung auf die Baukunst des katalanischen Schnörkel-Meisters zu entdecken. So steht in der raumesmitte die Replik eines organisch gewundenen Eichenholzstuhls von Gaudi und macht deutlich, dass Sitzmöbel als anthropomorphe Skulptur der menschlichen Figur am nächsten kommen.

Aber die schräg (Expressionismus!) daneben platzierte „TET-Göttin“ (1917) Hoetgers verströmt trotz süßer Teenie-Brüstchen und Schwangerenbauch gegenüber der vitalen Rankennatur des Gaudi-Stuhls nur den kalten Hauch einer idealisierten Bronzeplastik. Kein Zusammenhang, sondern ein künstlerischer Widerspruch, mit dem Hoetger seine monumentale Phase heroisch-nordischer Einfachheit einleitete. jfis

bis 28. Februar, täglich außer montags 11 bis 18 Uhr

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen