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Dollar ist kein Fluchthafen mehr

Die frühere globale Leitwährung befindet sich im Sinkflug. Gestern markierte der US-Dollar ein Vierjahrestief zum Euro. Auch gegenüber dem Yen fiel er so weit, dass die japanische Notenbank intervenierte. Die Abwertung hat gute Gründe

von HERMANNUS PFEIFFER

Der Dollar befindet sich im Sinkflug. Mit einem Kurs von 90,7 Cent gegenüber dem Euro sackte er gestern auf einen neuen Tiefststand. Und in Japan kaufte die Notenbank sogar Dollar auf, weil sie die Marke von 117 Yen halten will, um die japanischen Exporte nicht zu stark zu verteuern. Der Dollar scheint als Fluchthafen für schlechte Zeiten ausgedient zu haben.

In der Nachkriegsgeschichte hatten politische und ökonomische Krisen ihn noch regelmäßig gestärkt. So legte er 1989 zu, als der reale Sozialismus zusammenbrach, und auch 1997/98, als die Asienkrise die Welt erschreckte. Auch die längste Börsenflaute seit der Großen Depression kam ihm bis zum Frühsommer 2002 wie gehabt zugute. Seither ist es aus damit.

Die Schwäche des Dollars erklärt die Europäische Zentralbank (EZB) konventionell: „Die Konjunkturdaten sind schwächer ausgefallen als erwartet.“ Dahinter verbirgt sich das Ende der Illusion vom immer währenden Aufschwung. Tatsächlich wächst das Misstrauen gegenüber der US-Wirtschaft nicht nur aufgrund von Bilanzskandalen. Der Börsenkrach hat den Dauerboom der US-Konjunktur wohl beendet. Verbraucher und Wirtschaft stecken in der Kreditklemme. Dazu kommen die sich verschlechternde Haushaltslage der USA und die schon notorische Schwäche der Leistungsbilanz (siehe taz vom 22.2.). Faktisch lebt das ganze Land auf Pump.

Japanisches, französisches und deutsches Geld wurde lange durch hohe Zinssätze über den Atlantik gelockt. Aber dann kam der Zusammenbruch der New Economy, auf den Fed-Boss Alan Greenspan mit etlichen Zinsschritten nach unten reagierte. Dadurch wollte er wieder mehr Kapital an die Börse holen und so die Konjunktur retten, die nirgends sonst auf der Erde dermaßen an die Aktienkurse gekoppelt ist. Im Ergebnis bringt eine Dollaranlage heute kaum halb so viel Zinsen wie ein Euro.

Früher haben jedoch auch schlechte Daten die Investoren nicht davon abgehalten, in den Dollar zu fliehen. Heute schon. Was auch die professionellen Devisenbeobachter überrascht: „Normalerweise ist der Dollar in Krisenzeiten die Fluchtwährung“, sagt Axel Lindner, Währungsexperte am Institut für Wirtschaftsforschung in Halle. Aber von der Kubakrise 1962 bis zum Crash der asiatischen Tigerstaaten waren Europa und Japan ebenso betroffen wie die USA. Dieses Mal steckt Washington in der Klemme. „Die Finanzmärkte erwarten, dass die USA von einem Irakkrieg besonders belastet werden – über die unmittelbaren Kriegskosten hinaus.“

Damit rechnet auch Carsten-Patrick Meier. Der Fundamentalökonom geht wie die EZB davon aus, dass Fakten und nicht Spekulationen den Wechselkurs dauerhaft bestimmen. Vor allem aber hänge der Dollar am Rohöl. Im letzten Vierteljahrhundert habe ein steigender Ölpreis, wie zurzeit, einen sinkenden Dollar mit sich gebracht. Der Dollarexperte des Kieler Instituts für Weltwirtschaft erklärt dies mit der höheren Abhängigkeit der USA von Ölimporten.

In Washingtoner Regierungskreisen sieht man die Entwicklung mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Der sinkende Dollar verbilligt US-Exporte, anderseits lockt nur ein starker Dollar die notwendigen Milliarden an, um das Loch in der Leistungsbilanz zu füllen. Was wiederum die EZB nur bedingt glücklich macht. Zwar freut man sich über das gewachsene Vertrauen in den Euro, aber er verteuert auch die eigenen Exporte.

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