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Alle gegen Viterra

Morgen demonstrieren MieterInnen für größeren Kündigungsschutz, auch Rot-Grün fordert mehr Rechte

RUHR taz ■ Die Front gegen die Verkaufspoltik von Viterra wird breiter: Neben den MieterInnen und ihren Vereinen wollen sich jetzt auch PolitikerInnen für mehr Rechte der Menschen in den verkauften Wohnungen einsetzen. Gelsenkirchens Oberbürgermeister Oliver Wittke (CDU) sagte, Viterra müsse aufpassen im Revier nicht „verbrannte Erde“ zu hinterlassen. Der Häuser-Verkauf sei das „unkreativste, was ein solches Unternehmen machen kann.“

Der Essener Wohnkonzern hatte zum Ende des Jahres 27.000 Wohnungen im Ruhrgebiet an eine Tochter der bayerischen Finanzgesellschaft KGAL verkauft. Die MieterInnen dieser Wohnungen, die vor allem in Dormtund, Bochum, Gelsenkirchen, Gladbeck und Herne liegen, fürchten nun, dass sie langfristig aus ihren Wohnungen geklagt werden können. Deshalb forderte der Deutsche Mieterbund am Mittwoch einen fünfjährigen Schutz vor Eigenbedarfskündigungen. „Es ist durchaus denkbar, dass ein Handwerksmeister ein ganzes Mehrfamilienhaus kauft und dann Eigenbedarf für eine Wohnung anmeldet“, sagt der stellvertretende Landesvorsitzende Ernst Georg Tiefenbacher. Eine solche Klausel sei frühere Praxis von Viterra gewesen – in dem aktuellen Kaufvertrag seien aber keine besonderen Kündigunsgrechte vorgesehen.

Die rot-grünen Landtagsfraktionen wollen sich ebenfalls für die MieterInnen von privatisierten Wohnungen stark machen, die öffentlich gefördert werden. Unter den 27.000 Viterra-Wohnungen sollen laut Wohnugsbauministerium mehrere tausend öffentlich suventionierte Wohnungen sein. Der Entwurf für eine neue „Kündigungssperrfrist“ hat aber noch Mängel: Er sieht die Verringerung der Sperrfrist bei Privatisierungen von bisher zehn auf acht Jahre vor und gilt nur noch in 57 statt in 273 Gemeinden. „Es gibt noch Klärungs- und Nachholbedarf“, sagt der wohnungspolitische Sprecher der SPD, Dieter Hilser.

Die MieterInnen glauben nicht an die schönen Ankündigungen: Sie wollen am morgigen Samstag in Gelsenkirchen demonstrieren. „Warum sind die Politiker immer so leise, wenn es um Viterra geht?“, fragt Karl-Heinz Strohmeier von der Bürgerinitiative. Strohmeier will das Spiel jetzt umdrehen. „Wenn die sich nicht um uns kümmern, kümmern wir uns um die.“ Bei der Kommunalwahl im September werden sich tausende BürgerInnen für die Partei entscheiden, die sich für ihre Mietrechte einsetzt. ANNIKA JOERES

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