piwik no script img

Die Managerin des Jahres: Ilona Lange

Sie strotzt vor Selbstbewusstsein, war ‚Managerin des Jahres 2003‘ und engagiert sich für Chancengleichheit von Frauen: Ilona Lange gilt vielen als Vorbild – doch für den Erfolg zahlt die promovierte Chemikerin ihren Preis

Diese Frau strotzt nur so vor Selbstbewusstsein. Ilona Lange spricht schnell, ihr Händedruck ist fest, das Lachen laut, die Schlangenlederjacke auffällig. Drei Jahre lang leitete die 37-jährige bei Henkel in Düsseldorf die Forschungsabteilung „System Technologies“. Ihr 18-köpfiges Team entwickelte unter anderem Dosiersysteme für Klebstoffe in der Autoindustrie. Jetzt führt die „Geheimnisträgerin“ ein neues Forschungsprojekt, über das sie nicht sprechen darf.

Denn Henkel produziert nicht nur Persil und Pritt-Stifte. Allein von Januar bis September 2003 betrugen die Ausgaben für Forschung 193 Millionen Euro, bei 666 Millionen Euro Gewinn in 2002. Im Gründungsjahr 1876 stellte Unternehmer Fritz Henkel in Aachen gerade mal ein einziges Waschmittel her, mitterweile arbeiten weltweit 50.000 Mitarbeiter für den Konzern. Bis in die 80er Jahre gehörte die „Stadt in der Stadt“, wie Mitarbeiter das Werk im Düsseldorfer Stadtteil Holthausen nennen, zu den deutschen Chemie-Schmutzfinken. Verschmutztes Abwasser wurde in den Rhein geleitet und machte ihn zur größten Kloake Europas. Dann besann sich der Konzern – mit sorgenvollem Blick auf sinkende Gewinne und durch Algenpest und Robbensterben sensibilisierte Kunden. Spätestens seit Henkel 1992 als erstes deutsches Unternehmen einen Umweltbericht publizierte, gilt der Konzern als Vorreiter in Sachen Umwelt. „Jawoll, Umweltschutz steht bei uns ganz hoch im Focus“, bestätigt Ilona Lange ohne Zögern.

Fast zeitgleich mit ihrem beruflichen Aufstieg begann Lange sich für ihre Geschlechtsgenossinen zu engagieren: Sie sitzt im Vorstand des Arbeitskreises „Chancengleichheit in der Chemie“, betreut seit drei Jahren Frauen im Rahmen des Landesprogrammes „Personal Partnership“ und berät junge Mädchen an Universitäten. Einer ihrer Tipps: „Wenn Sie Kinder und Beruf wollen, suchen Sie sich einen Partner im gleichen Alter.“ Dafür zeichnete sie die Gütersloher Brotkette Mestemacher als „Managerin des Jahres 2003“ aus, das NRW-Frauenministerium propagiert die promovierte Chemikerin gerne als Vorbild.

Einzelkind Lange steht gern im Mittelpunkt. Im Maschinenbaupraktikum nutzte sie ihre Stellung als einzige Frau: „Sie fallen auf und kriegen alles dreimal erklärt.“ Aber bei Chefin Lange haben Frauen keine Vorteile. Was zählt, sind Wissen und Schnelligkeit. „Ich schaue nicht auf das Geschlecht.“ So verkörpert sie perfekt Henkels Corporate Identity, wo es „auf der reinen Arbeitsebene“ keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen gebe. Dass gerade mal 21,7 Prozent aller Führungspositionen von Henkelanerinnen besetzt sind und bei dieser Zahl selbst Berufsanfängerinnen mit Hochschulabschluss mitgezählt werden, stört ihre Überzeugung nicht.

Für die „Kilo-Euros“, wie sie ihr Gehalt begeistert nennt, überlässt die erfolgsorientierte Lange die Familienarbeit und die zwei Kinder ihrem Mann und arbeitet regelmäßig 14 Stunden am Tag. Kürzer treten würde sie am liebsten ihr ganzes Leben lang nicht: „Sie bekommen Anerkennung und Lob und die Arbeit macht Spaß“, verteidigt sie ihr Engagement. Die dunklen Ringe unter ihren Augen sprechen eine andere Sprache. NADIA LEIHS

Fotohinweis

Nordrhein-Westfalens Managerin des Jahres: Ilona Lange (37)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen