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Wandern und Tee trinken

Die Karawanentouren der Société Renard Bleu Touareg bieten nicht nur marokkanischen Nomaden einen gut bezahlten Job, sondern fördern auch soziale Projekte. Den Gästen wird ein authentischer Einblick in die Lebensweise der Nouaji gewährt

von WOLFGANG GAST

Vom Tizi N’Djinia, dem Teetablett-Pass, fällt der Blick weit ins tief gelegene trockene Tal des Flusses Draa. Weit im Süden Marokkos hinter dem Hohen Atlas lässt sich in der flirrenden Hitze vom Plateau aus in der Ferne die Stadt Zagora erahnen – das Tor zur nördlichen Sahara.

Zagora ist der Ausgangspunkt der Karawane, die von der Société Renard Bleu Touareg auf den Weg geschickt wurde. Im Rahmen der touristischen Aktivitäten dieses Tourismus- und Sozialprojektes, das in diesem Jahr auf der Internationalen Tourismusbörse (ITB) den To-do-Preis für sozialverantwortlichen Tourismus gewonnen hat, werden ein- bis zweiwöchige Wüstenwanderungen angeboten. Reiseleiter sind Stammesmitglieder der Nouaji, die in ihrem angestammten Gebiet und in traditioneller Weise mit Dromedaren wandern und für dortige Verhältnisse gut daran verdienen. Darüber hinaus geht ein Teil des zu entrichtenden Reisepreises an soziale Projekte.

Elf Tage ist das Dutzend Urlauber, Nomaden und Dromedare unterwegs, sie legen rund 220 Kilometer zurück und durchqueren die gewaltigen Formationen der Steinwüste, die den Namen „Reg“ trägt. Übernachtet wird unter freiem Sternenhimmel oder in Nomadenzelten. In der Sandwüste Erg besteigt die Touristengruppe die mächtigen Dünen von Chegaga, und sie werden den einsam gelegenen Schrein des Stammesgründers Sidi Naji besuchen, der nach der Überlieferung vor rund achthundert Jahren den Tuareg-Stamm der Nouaji gegründet hat.

Dem Biotop Wüste angepasst, wird den Gästen ein authentischer Einblick in die Kultur- und Lebensweise der Nouaji gewährt. Die nomadischen Begleiter auf der anderen Seite arbeiten so, wie sie es kennen und schätzen. Statt Salz zu transportieren, führen sie nun eben Menschen durch die Wüste. Und so geht es immer weiter in die sandigen Weiten: Mittags suchen Mensch und Tier unter den wenigen Akazien und Tamerisken Schutz vor der stechenden Sonne, und abends lauschen die Reisenden am Lagerfeuer den mythischen Geschichten der Tuareg.

Jeder wird am Ende 99 Tassen süßen und starken Tee getrunken haben. Ba Mahschoub, der Stammesälteste, ist der Teemeister der Karawane. Ob beim Aufgang der Sonne, zu Mittag oder vor dem Abendessen: Das Ritual ist stets das gleiche: Ba Maschoub füllt eine Hand voll schwarzen Tee und Pfefferminze in die Metallkanne, auf einem Holzfeuer wird das Wasser zum Kochen gebracht. Unmengen von Zucker kommen hinzu. Dann wird der Tee schwungvoll in die Gläser geschüttet, zurück in die Kanne, wieder in die Gläser und wieder in die Kanne – das geht so lange, bis sich auf dem Tee ein leichter Schaum gebildet hat. Erst dann ist der Tee fertig. Ba Maschoub reicht jedem persönlich das Glas – ein Ausdruck der Gastfreundschaft. Drei Mal wird der Tee aufgegossen. Der erste Aufguss, so will es die Tuareg-Tradition, ist streng wie das Leben, der zweite süß wie die Liebe und der dritte sanft wie der Tod.

Am zwölften Tag erreicht die Karawane das Wüstencamp Bouatach in der Nähe Zagoras. Die Zelte sind aufgebaut und das Hamam, das Dampfbad, ist angeheizt. Nach knapp zwei Wochen in der Wüste ist es die erste Gelegenheit, den feinen Sand aus den Poren zu schwitzen. Nach dem Saunagang treffen sich die Karawanenteilnehmer im größten, mit Teppich ausgelegten Nomadenzelt. Dort wartet auch Ba Maschoud. Er hat Tee gemacht.

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