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berliner szenen 9. November

Benefiz in Tempelhof

Ja, ja, zugegeben: Es war eine Gutmenschen-Veranstaltung. Wenn es das denn noch gibt. Und, klar, da waren viel zu viele Leute versammelt, denen die Fingerfood-Köstlichkeiten beim anschließenden Empfang wichtiger zu sein schienen als das Konzert davor. Aber er war trotzdem magisch, dieser Abend, den der Geiger Daniel Hope organisiert hatte. Ein Benefizkonzert in der Haupthalle des gerade geschlossenen Flughafens Tempelhof. Zur Erinnerung an den Terror der Pogromnacht vor 70 Jahren. Das Geld ging an die Freya von Moltke-Stiftung für das Neue Kreisau, eine (Jugend-)Begegnungsstätte im heutigen Polen.

Nun ist ein guter Zweck noch lange kein Garant für eine gelungene Veranstaltung. Aber was soll eigentlich schiefgehen, wenn Weltklasse-Musikerinnen und Musiker wie Thomas Quasthoff, Hélène Grimaud, Sol Gabetta und Menahem Pressler auftreten? Und wenn dieses bildungsbürgerlich-klassische Programm dann noch gewürzt wird mit Jazztrompeter Till Brönner, Max Raabe, dem Reggaesänger Patrice und der Indieband Polarkreis 18?

Naja, vielleicht kann doch alles schiefgehen. Ging es aber nicht. Weil in dieser säulenumsäumten Abflughalle mit leichter Nazi-Ästhetik eben doch die gute Musik der verschiedensten Zeiten und Genres im Vordergrund stand. Der lässige Jazz Brönners, die brillante Klassik von Quasthoff und Pressler, der clevere Pop von Patrice und Polarkreis 18 – mit offensichtlicher Spielfreude unterstützt durch die Geige Hopes und Gabettas Cello.

Selbst Klaus Maria Brandauer hielt sich zurück, der Sache wegen. Er trug das Protokoll einer zynischen Besprechung von Nazigrößen nach der Pogromnacht vor. Denn darum ging es auch. Zuerst aber um wunderbare Musik. PHILIPP GESSLER

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