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Sehr gepflegt

Jazzgesangsthronanwärter Tuey Connell im Sendesaal

Der Scheitel sitzt makellos. Styling-Chemie hält die wuscheltolle Irish-Boy-Frisur. Die Intonation sitzt makellos. Aber es fehlt die Chemie der Eleganz, um den wuscheltollen Blue-Notes-Glanzeffekte abzugewinnen. Ende der Kurzkritik.

Anfang der Hintergrundberichterstattung. Denn es geht hier nicht um irgendwen, sondern um Tuey Connell aus Chicago, der als Anwärter für den Thron des Jazzgesangs gilt. In unseren Zeiten ist dieser aber nur mit Volkes Zustimmung zu erklimmen. Also erscheint Connell diesem zum Vorstellungssingen im Radio-Bremen-Sendesaal.

Connells Aussehen, wie gesagt: gepflegt. Sein Auftreten: gepflegt. Sein Gitarrenspiel: gepflegt. Sein Programm aus Standards und standard-verdächtigen Eigenkompositionen: sehr gepflegt. Auch seine Musiker, das Trio des Pianisten Steve Klink, lieben den Staub der Tradition. In abgeklärter Kunstfertigkeit wird der entspannte Post-Bop-Jazz der 1950er intoniert. Mattsanftes Grooven, angeleitet von zarten Akkorden. Unterstützt von Henning Gailings kleinteiligen Bassffigurationen. Aufgewertet durch die Filigranarbeit des Schlagzeugers Marcus Rieck: dienstbare Geister ihres Herrn.

Der liebt den unverschnörkelten Ton. Obwohl erklärter Fan der alten Big Band-Vokalisten, versucht Connell keinen zu kopieren. Er lässt seine Stimme weder aufblühen, noch gibt es große Schwingungen im baritonalen Timbre. Alles ertönt kontrolliert, schmiegsam in der Phrasierung und selbst bei den Scat-Einlagen, diesen lustigen Dadaismen des Jazz, ohne große emotionale Beteiligung. Sehr angenehm, sehr kompetent, sehr gepflegt. Von gepflegter Langeweile halt. Wenn da nicht die hübschen Akzentuierungen auf dem Banjo gewesen wären. Spielerischen Witz hat es, wie Connell dort seine Themen auffächert. Ein Funken Leben. Das Publikum huldigt dem Anwärter auf den Majestäten-Job freundlich. Er bleibt also im Rennen. JFis

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