: h.g. hollein Pflanzzeit
Der Frau, mit der ich lebe, juckt der Daumen. Der grüne, um genau zu sein. Angesichts klimatischer Frühlingsanwandlungen soll es nach dem Willen der Gefährtin nun endlich auch in unseren Balkonkästen sprießen. Da die Gefährtin sich eher als Gartenarchitektin versteht, muss natürlich von irgendwoher ein Knecht fürs Grobe kommen. Womit mein Part in unserer vegetativen Symbiose auch sonst einigermaßen umfassend beschrieben wäre. Nachdem ich denn also etliche Kubikmeter wieder aufgetauten schwarzen Schlammes aus unseren Blumenkästen entsorgt hatte, ward ich von der Gefährtin folgerichtig mit der dezentralen Beschaffung – vulgo Einkauf – neuen Füllguts beauftragt. Kalauer hin oder her, aber das heißt wirklich, den Bock zum Gärtner machen. Es ist mir – bedingt durch gewisse schulische Ausfälle – schlechterdings nicht gegeben, einen Rhododendron von einer Rohrdommel zu unterscheiden. Aber egal: „Geh mal botanisieren“, wies mich die Gefährtin an. So zuckelte ich los, um alsbald im Strudel der Rabattwoche eines Luruper Gartencenters hoffnungslos unterzugehen. Allein das Attribut „winterfest“ stellte mich vor unlösbare Fragen. Wieso muss eine dieser unansehnlichen Knollen sibirischen Verhältnissen widerstehen können, wenn sie doch eigens in der angehenden Wärmeperiode ihr was auch immer entfalten soll? Ich wäre ja sowieso für einen Steingarten. Das klingt zumindest zeitlos. Aber nein, wetterbeständig und bunt soll das Ganze sein. Am Ende wurde ich in einer Friedhofsgärtnerei fündig. „Stellen Sie mir mal was Fröhliches zusammen“, bat ich eine leicht irritierte Floristin. Was auf Gräbern anschlägt, wird ja wohl auch unserem Balkon eine friedliche Aura verleihen.
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