■ Ist es jetzt schick, „Bush hat Recht“ zu sagen?: Solche Schlaumeier braucht keiner
betr.: „Diese Friedensbewegung braucht keiner“, Kommentar von Klaus-Peter Klingelschmitt, taz 16. 4. 03
Genau richtig. PETER PHILIPP, Troisdorf
Die Aufmerksamkeit in den Medien haben sich die Amis selbst zuzuschreiben. Und wenn man so viel Aufhebens um den Krieg macht, werden natürlich auch die Kriegsgegner aufmerksam. Ganz einfach. Ein Krieg ohne diese Aufmerksamkeit wird auch von Kriegsgegnern weniger wahrgenommen. Oder anders: die Gegner eines unbekannten Krieges werden ebenfalls nicht wahrgenommen.
Das, was gerne antiamerikanisch genannt wird, ist der Widerstand gegen die verlogene Art, auf die Gerechtigkeit hinzuweisen. Im Fall des Krieges (Irak wie Afganistan) waren die Positionen und teilweise auch die militärischen Eingriffe schon lange vor der für die amerikanische (Militär/Wirtschaft/…-)Führung glückliche Fügung des 11. September 2001 geplant und teilweise auch in Büchern aufgeschrieben. Und nun schnell umgesetzt, begründet mit dem, was gerade passend ist. Daher passt natürlich auch die Forderung, den Irak zu befreien. Das ist ja schließlich die dritte oder vierte Begründung für den fest geplanten Einmarsch.
[…] Was bei diesem wie auch vielen anderen amerikanischen Moralpredigten aufstößt, ist die Doppelmoral oder auch Doppelzüngigkeit. In New York gibt es striktes Rauchverbot, das Heldenbild der amerikanischen Soldaten in Saddams Palast mit Zigarette; wegen möglicher Chemiewaffen wird ein Land angegriffen (auch wenn dieser vorgeschobene Grund durch einen besseren abgelöst wurde), selbst lagern sie ca. 30.000 Tonnen Gift, benutzen Uran-Munition usw.; die Genfer Konvention wird getreten, wo möglich (die afghanischen Kriegsgefangenen, die keine sind, Kampfansage des amerikanischen Präsidenten gegen Gerichtshof in Den Haag usw.); kaum wird ein Bild eines amerikanischen Kriegsgefangenen gezeigt, soll dies ein Verstoß dagegen sein. Die Amerikaner predigen Demokratie und Gerechtigkeit, bekämpfen aber genau diese, wenn es (z.B. in Südamerika) nicht ganz in ihre Linie passt. Sie predigen freie Wirtschaft und zwingen andere dazu (wenn es ihrer Wirtschaft nutzt), jetzt bricht die amerikanische Wirtschaft ein, weil die Freiheit der Buchführung wohl etwas zu weit gegangen ist. So richtig dagegen vorgehen dürfen sie aber nicht, da sie sonst ihren Präsidenten einsperren müssten. […] Wenn dies amerikanische Prinzipien sind, so bin ich gerne antiamerikanisch und stehe dazu. ARNT SCHEPKE, Hannover
Das Problem des Herrn Klingelschmitt ist, dass niemand in der Friedensbewegung Herrn Klingelschmitt braucht. Oder vielleicht doch. George W. Bush. Wie wäre es denn mit einer netten Wiedergutmachungsdemo für Bush und Rumsfeld, Herr Klingelschmitt? Und haben Sie denen schon die neueste Liste mit allen brutalen Regimes in der Welt zugeschickt, damit sie wissen, wo sie demnächst zuschlagen müssen? Ganz menschenrechtlich einwandfrei, versteht sich. Glauben Sie, dass Sie sich mit Ihrem Kommentar nun schon einen Platz als embedded Kriegsjournalist in einem Bradley Combat Vehicle verdient haben? Oder kommen da jetzt noch mehr solche geistigen Rohrkrepierer?
HELGE FISCHER, Managua/Nicaragua
Ist es jetzt schick, „Bush hat Recht!“ zu sagen? Wie es Widmann in der Berliner Zeitung tut? Apropos Selbstgerechtigkeit, die der Friedensbewegung vorgeworfen wird: Was wollt ihr euch beweisen, ihr selbstgerechten Ignoranten hinter den Schreibtischen?
SIMON NEUMANN, Berlin
Ihr Beitrag ist so erfrischend einseitig und undifferenziert, dass selbst die gewöhnlich schon an der Bild-Zeitung scheiternden Zeitgenossen Ihren Ausführungen folgen können.
Wo waren denn all die Schlaumeier, die den Antikriegsdemonstranten immer wieder die falschen Demonstrationen und immer wieder Antiamerikanismus vorwerfen, als Zeit war, gegen andere Schweinereien auf der Welt anzugehen? Und ist eine die Politik der USA kritisierende Aussage schon Antiamerikanismus? Sollen wir lieber den Mund halten, auch wenn eine imperiale Großmacht uns allen zeigt, wo es langgeht? Der Schock über das Verhalten der USA sitzt deswegen so tief in uns Falschdemonstrierern, weil er von einer Macht ausgelöst worden ist, die sich als zivilisierte und demokratische Gesellschaft darstellte und nun (auch gegen den Widerstand großer Teile der Völkergemeinschaft!) mal eben alle Abmachungen missachtet. Solche Vorbilder muss man kritisieren dürfen. Oder wir können eine letzte Erklärung unterschreiben: den Verzicht auf Demokratie. Im Namen der Freiheit, versteht sich. NORBERT DOKTOR, Magdeburg
Das ist der gleiche Quatsch, den der tapfere Enzensberger tags zuvor in der FAZ verzapft hat, als er bemerkte, die „Warner und Mahner“ hätten sich gründlich blamiert.
Was ist denn „die“ Friedensbewegung? Ich gehe seit Jahrzehnten für den Frieden auf die Straße, ich wurde nicht angeworben, besuche keine konspirativen Treffen und zahle keine Mitgliedsbeiträge. Wir zufällig zusammen demonstrierenden Kriegsgegner sind keine Funktionäre bei amnesty oder bei der UNO, auch keine moralische Instanz. […] Es ist zunächst einmal richtig, die eigene Regierung (wie bei den Demos gegen die Nachrüstung) und die eigenen Freunde zu kritisieren. Das hat mit Antiamerikanismus überhaupt nichts zu tun. Ein zweites Motiv der Friedensbewegten ist schlicht die Angst. Und die ist eben weit größer, wenn Bush seine Truppen losschickt und einen Weltkrieg riskiert (siehe den Kommentar von Eric Chauvistré vom gleichen Tag), als wenn sich in Afrika Stämme massakrieren. Aber vielleicht kriegt Herr Klingelschmitt ja seinen Arsch noch vom Sofa, wenn, wie bei der Kuba-Krise, wieder Flugblätter mit Bauanleitungen für Luftschutzbunker im Briefkasten liegen.
WOLFGANG BACHMANN, München
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