piwik no script img

Die Vermittlung in Haiti ist gescheitert

Präsident Aristide stimmt dem internationalen Friedensplan zu. Die Opposition fordert aber den Rücktritt und lehnt den Vorschlag ab. Die Unruhen gehen weiter. Rebellen greifen die zweitgrößte Stadt an. Dennoch wird Zweckoptimismus verbreitet

AUS SANTO DOMINGO HANS-ULRICH DILLMANN

Gestern haben die bewaffneten Rebellen die zweitgrößten Stadt Haitis, Cap Haïtien, angegriffen. Militante Anhänger des Präsidenten Jean-Bertrand Aristide setzten daraufhin Barrikaden in Brand und wollten so die letzte Stellung der Regierung im Norden verteidigen. Die Ausweitung der Offensive verstärkt den Druck auf Aristide, die Rebellen an der Regierung zu beteiligen.

Den von den USA, Frankreich und der Vereinigung der Karibikstaaten (Caricom) vorgelegten Friedensplan haben die haitianischen Oppositionsgruppen abgelehnt. Präsident Aristide dagegen bekundete seine Zustimmung. Nach einer längerem Unterredung mit dem US-Sonderbeauftragten Roger Noriega und des Außenministers der Bahamas, Fred Mitchel, erklärte Aristide am Samstagabend in seinem Präsidentenpalais in Port-au-Prince, er habe der internationalen Vermittlungskommission sein schriftliches Einverständnis für den Friedensplan gegeben. Die Rebellen, die sich am Wochenende zur „Front für die Befreiung und den nationalen Wiederaufbau“ (FLRN) umbenannt haben, wollen auf die Hauptstadt marschieren, wenn Aristide nicht sofort zurücktrete, sagt deren Sprecher Etienne Winter in Gonaïves, dem Zentrum der Aufständischen.

Der „Caricom“-Plan, dem Aristide bereits Anfang Februar prinzipiell seine Zustimmung signalisiert hatte, sieht die Einbeziehung der Opposition bei der Ernennung eines neuen, unabhängigen Premierministers vor. Aristide würde damit einen Teil seiner Machtbefugnisse abgeben. Außerdem soll der umstrittene Staatschef sein Kabinett umbilden und bei der Berufung der Minister Personen berücksichtigen, die das Vertrauen der Oppositionsgruppierungen haben. Der Kompromissvorschlag soll bis zum 17. März umgesetzt werden. Dafür erkennt die internationale Gemeinschaft Aristide als rechtmäßigen Staatspräsidenten von Haiti an und garantiert ihm, bis zum Auslaufen seines Mandats am 7. Februar 2006 im Amt zu bleiben.

Die Gespräche mit Mitgliedern der führenden Oppositionsgruppierungen hatten Samstagnacht geendet, ohne dass diese von ihrer Ablehnungshaltung abgerückt sind. „Wir haben kein Ja, aber auch keine Nein erhalten“, sagte der bahamaische Außenminister Mitchel. Vielmehr sei ihm versprochen worden, die Zurückweisung des Vermittlungsvorschlages noch einmal zu überdenken. Im Gegensatz zu dem Zweckoptimismus der internationalen Vermittler haben fast alle namhaften Oppositionsvertreter Kritik an dem „Caricom“-Plan geäußert. Die Frage nach der Ablösung Aristides von seinem Posten als Staatspräsident müsse auf den Tisch, sagte Evans Paul, ehemaliger Weggefährte von Aristide und Exbürgermeister von Port-au-Prince.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen