: Altona übt abstimmen
Amtsleiterwahl mit Misstrauensvotum wird bei der nächsten Bezirksversammlung wiederholt. Der unerwünschte Amtsinhaber Uwe Hornauer sowie SPD und GAL prüfen alle rechtlichen Möglichkeiten bis hin zur Anrufung des Verfassungsgerichts
von GERNOT KNÖDLERund SVEN-MICHAEL VEIT
Nach der am Donnerstag gescheiterten Neuwahl des Altonaer Bezirksamtsleiters (taz berichtete) haben sich alle fünf Fraktionen in der Bezirksversammlung darauf geeinigt, bei der nächsten Sitzung am 22. Mai einen erneuten Versuch zu wagen. In der Zwischenzeit soll geklärt werden, ob an diesem Abend auch ein zweiter oder dritter Wahlgang möglich wäre. „Schließlich ist ja nicht auszuschließen, dass jemand den gleichen Fehler nochmal macht“, sagte der stellvertretende kommissarische Bezirksamtsleiter Hartmut Hoins.
Der gewählte, aber vom Senat nicht bestellte Bezirksamtsleiter Uwe Hornauer (SPD) hatte mit Hilfe eines konstruktiven Misstrauensvotums ersetzt werden sollen. Eine ungültige Stimme hatte jedoch zu einem Patt von 20 zu 20 geführt. Da das Bündnis aus CDU, Schill und FDP mit 21 Sitzen eine Mehrheit von einer Stimme gegenüber den oppositionellen SPD und GAL hat, dürfte die ungültige Stimme aus dem Rechtsbündnis gekommen sein. Ob dies ein Versehen war oder ein Akt des Widerstandes, darüber wurde auch gestern noch heftig debattiert.
Zu den Kalamitäten kam es, weil rechtliche Unsicherheit darüber besteht, wie gewichtig das Wörtchen ist, das der Senat bei der Besetzung des Amtsleiterpostens mitzureden hat. Die Bezirksversammlung hatte Hornauer im April vorigen Jahres mit einer knappen Mehrheit gewählt. Weil er sich bei einem Grundstücksgeschäft zu spät für befangen erklärt hatte, weigerte sich der Senat jedoch, ihn zu ernennen. Das Disziplinarverfahren gegen ihn wurde eingestellt.
Hornauer zog bei seinem Versuch, sich in das Amt einzuklagen, bis vor das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (OVG). Dieses bestätigte am Mittwoch, Hornauer sei sehr wahrscheinlich ordentlich gewählter Bezirksamtsleiter, jedoch könne die Bezirksversammlung ihm durch formalen Beschluss das Misstrauen aussprechen und sodann einen anderen Kandidaten zum Amtsleiter wählen. Klar festlegen, ob der Senat verpflichtet sei, den gewählten Kandidaten zu ernennen, wollte sich das OVG indes nicht. Es verwies darauf, dass hier eine Klärung durch das Hamburgische Verfassungsgericht hilfreich sein könne.
Eine Anrufung des Verfassungsgerichts, über die SPD und GAL „intensiv nachdenken“, ist nur eine juristische Möglichkeit. Denn das Oberverwaltungsgericht hatte zugleich erklärt, Hornauer verfüge über eine „Anwartschaft auf Bestellung“ durch den Senat, welche durch eine einstweilige Anordnung „gesichert werden“ könne. Möglich wäre deshalb auch, dass Hornauer diesen verwaltungsrechtlichen Weg beschreitet.
In der Debatte, die am Donnerstagabend der Abstimmung vorausging, hatte auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Uwe Szczesny eingeräumt, man sei im Begriff, ein „ungewöhnliches Verfahren“ anzuwenden. Das hätten jedoch die Gerichte zu verantworten. Im Übrigen wäre es falsch, mit der Neuwahl zu warten, bis Hornauers Rechtsstreit geklärt sei, der sich noch Jahre hinziehen könne. Solange bliebe der für Altona so wichtige Posten vakant.
SPD-Fraktionschef Thomas Adrian redete der FPD ins Gewissen. Sie müsse sich fragen, ob sie bereit sei, diesen Weg zu gehen, „nur um ein Stück vom Kuchen der Macht abzubekommen“. Der FDP-Abgeordnete Martin Scharlach hatte vor einem Jahr Hornauer gewählt und diesem damit zur Mehrheit verholfen. Am Donnerstag sollte der derzeitige Protokollchef der Senatskanzlei, Hinnerk Fock, ein FDP-Mann, zum Bezirksamtsleiter gewählt werden.
Gesche Boehlich von der GAL unterstellte den Freidemokraten, sie beugten sich dem Druck der Senatskoalition und hielt dagegen: „Wir wollen einen Amtsleiter, der die Interessen des Bezirks vertritt.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen