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Privatisierungs-Hohn

Die Umwandlungen im Bremer Bildungssektor sollen neben Einsparungen die Qualität verbessern. Zweifel machen sich breit

Bremen taz ■ Wenn der Bademeister zum Schwimmunterrichtet bittet und der Konzertpianist Schülern die Tonleiter erklärt, sieht es an Bremens Schulen finster aus. Das zumindest glauben Vertreter von Ver.di und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Beide Verbände befürchten aber, dass genau dies eine Folge der angestrebten Privatisierungen im Bremer Bildungssektor sein wird. Auf einer Pressekonferenz unter dem Motto „Bildung ist keine Ware“ machten sie gestern ihrem Unmut Luft.

Bis zum 8. April will der Senat ein Konzept für die geplante Bildungsstruktur-GmbH vorlegen. Eine Unternehmensberatung ist derzeit damit befasst, konkrete Pläne auszuarbeiten. Fest steht, dass die GmbH mit 25 Millionen Euro „Eigenmitteln“ ausgestattet werden soll, die deshalb nicht im Haushalt als laufende Ausgaben erscheinen. „Hier wird ein Schattenhaushalt gebildet“, mahnt Rolf Becker vom Personalrat Schulen beim Senator für Bildung und Wissenschaft. Becker warnt auch davor, die Gelder als zusätzliche Mittel zu bezeichnen. „Die 25 Millionen Euro sind schon verplant. Es handelt sich nicht um Investitionen, sondern um Geld, dass jetzt schon fehlt.“

Durch „Effizienzgewinne“ in Höhe von acht Millionen Euro pro Jahr sollen die Ausgaben in den Folgejahren refinanziert werden. Die GmbH soll teilweise die Aufgaben der noch öffentlichen Bildungsverwaltung übernehmen, diese allerdings mit geringeren Mitteln bewältigen.

„Als Folge werden die Tarife der Beschäftigten und das Qualitätsprofil der Schulen sinken“, befürchtet Irmtrud Gläser von ver.di. Beispielsweise werde Bremen im Wettbewerb um gute Lehrkräfte schlecht dastehen, wenn sich Bewerber zwischen einer Anstellung im öffentlichen Dienst oder bei einer GmbH entscheiden müssen. Zudem stellt sich die Frage, welche Qualitätsanforderungen die GmbH an ihre Mitglieder stellt. „Als Folge der Privatisierung werden auch weniger oder anders qualifizierte im Bildungssektor beschäftigt sein“, glaubt Gläser.

Dabei zweifeln die Interessenverbände grundsätzlich an der Wirtschaftlichkeit einer GmbH. Noch sei der Nachweis dafür nicht erbracht worden. Gläser dazu ungläubig: „Trotzdem wird derzeit im Senat gar nicht beraten ob überhaupt, sondern nur auf welche Weise die GmbH-Gründung erfolgen soll.“ Dass die gesamte Diskussion auch vor dem Hintergrund des schlechten Abschneidens Bremer Schüler bei Leistungsstudien geführt wird, hielten alle Beteiligten für reinen Hohn. Holger Schleper

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