Kunstrundgang: Dominikus Müller schaut sich in den Galerien von Berlin um
Neulich in der Karl-Marx-Allee. Ich war schon länger nicht mehr hier – und schon hat die in Berlin scheinbar ewig wuchernde Kunstwelt selbst diese zugige Straße, die vom Alexanderplatz über Lichtenberg direkt nach Moskau zu führen scheint, in Beschlag genommen. Wo man früher erstaunt war, in welchem Tempo Shopping-Malls aus dem Boden sprossen, so ereilt einen dieses Gefühl inzwischen angesichts der immensen Wachstumsraten der Berliner Galerielandschaft. Selbst in Zeiten der Finanzkrise sieht es so aus, als gehe es unvermindert weiter. Und der Kunstbetrieb wäre nicht der Kunstbetrieb, wenn er sich dabei nicht auch ständig hübsch selbstreferenziell über die eigene Schulter schielen würde.
Hier zum Beispiel in der Krome-Galerie. Da sich die Renovierungsarbeiten ihrer schicken Räume länger als geplant hinziehen, ist die Galerie eigentlich noch geschlossen. Aber unter dem Titel „Das Kapital, was nun – tun?“ hat man schon mal verschiedene Interventionen und „Kunst am Bau“-Projekte an den Start gebracht, die den neuen Standort gleich ordentlich reflektiert in Besitz nehmen sollen. Neben einer Schaufensterbespielung mit alten Marx-Bänden, die auf ruppig zusammengezimmerten Resten von Transportkisten präsentiert werden, fallen vor allem Michael Hakimis riesige Trommel-Silhouetten auf dem Dach. Das erschließt sich nicht sofort – und später leider auch nicht so richtig.
Der Weg zur nächsten Galerie führt an der alten „Karl-Marx-Buchhandlung“ vorbei, in der sich jetzt ein Kunstbuchverlag eingenistet hat. Mit verschwenderisch viel Platz präsentieren sie ihre wenigen Bücher in den fast leeren alten Regalen aus dunklem Holz – ein Buch pro Regalbrett. Solange man in dieser Stadt noch derart verschwenderisch mit Platz umgehen kann, so lange wird das wohl so weitergehen mit der Kunst.
„Das Kapital, was nun – tun?“, Galerie Krome, regulärer Betrieb ab Januar, Karl-Marx-Allee 82
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