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Am Logistikwesen soll das Revier genesen

Gestern feierte sich Duisburg als größtes Logistik-Zentrum Europas. Millionen Landesmittel fließen in die Hafenstadt. Aber auch andere Ruhrgebietsstädte rüsten auf für die Verteilerbranche und sehen sich als Drehscheibe Europas

RUHR taz ■ Die Logistik-Branche kennt im Ruhrgebiet nur Sieger. TeilnehmerInnen des fünftes Logistic-Forums NRW beschworen gestern in Duisburg goldene Zeiten auf Schienen und Wasserstraßen. Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) sagte: „Die Logistik ist das Herz der nordrhein-westfälischen Wirtschaft.“ NRW sei das bundesweit wichtigste Binnenschifffahrtsland. „Wir werden die Hafenstandorte stärken und mehr Güterverkehr von der Straße auf die Flüsse und Kanäle verlegen“, kündigte der Minister an.

Etwa 600.000 Menschen sind in Nordrhein-Westfalen in der Logistikbranche beschäftigt. Der Duisburger Logport verschlingt neben der Zeche Zollverein in Essen und der Bochumer Jahrhunderthalle die größten Fördersummen des Landes für Projekte im Revier: Das Zentrum bekommt Zuschüsse in einer Gesamthöhe von knapp 24,5 Millionen Euro. Die Mittel kommen zur Hälfte vom Land, zur anderen Hälfte aus der Ziel 2-Förderung der Europäischen Union.

Der größte Binnenhafen Europas verpachtet eine Fläche von über 1.000 Hektar, pro Jahr werden hier 5 Millionen Tonnen Kohle und 3,4 Millionen Tonnen Mineralöl umgeschlagen, insgesamt sind es über 12 Millionen Tonnen. Für die Ruhrgebietsstadt mit einer Arbeitslosenquote von über 13 Prozent sind die Arbeitsplätze am Wasser besonders wichtig: Die Hafen AG beschäftigt 200 MitarbeiterInnen, insgesamt hängen 15.000 Jobs an den Hafen-Geschäften.

Aber auch andere Ruhrgebietsstädte sehen sich als Nabel der Verteiler-Branche. „Herne wird zu einer Logistik-Drehscheibe“, sagt Oberbürgermeister Wolfgang Becker (SPD). In der 170.000 EinwohnerInnen-Stadt entsteht gerade das „Last Mile“-Netzwerk – hier sollen die Güter auf der „letzten Meile“ verteilt werden. Das sind zum Beispiel Pakete des Post-Konkurrenten UPS oder Waren der Supermärkte Lidl und Plus. „Duisburg ist keine Konkurrenz für uns“, sagt Projektleiter Manfred Janssen. Last-Mile kümmere sich um die Feinverteilung von kleinen Waren, in Duisburg ginge es um „dicke Brocken aus ganz Europa.“ Das Land NRW hat auch dem Herner Projekt eine Summe von 20 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Damit sollen brachliegende und zum Teil industriell kontaminierte Flächen aufbereitet werden.

Auch Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft, unterstrich gestern die zunehmende Bedeutung der Logistik. „Allein unserem Landesverband NRW gehören rund 600 Betriebe aus der Logistik-Branche an, bundesweit sind es etwa 1.900 – mit stark steigender Tendenz.“

Ganz so selig scheint die Logistik-Welt in NRW jedoch nicht zu sein. Eines der größten Duisburger Logistikunternehmen, die Firma „Frachtenkontor“, hatte im vergangenen Jahr einen herben Gewinnrückgang zu verzeichnen: Das Ergebnis vor Steuern sank von 5,5 Millionen auf 3,1 Millionen Euro. Und die Logistikbranche selber sieht ihre Hoffnungsträger im Osten: Der „Logistics Service Award“ wurde gestern an das Leipziger Verkehrsprojekt für Olympia vergeben.

ANNIKA JOERES

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