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die steile theseMit dem Skalpell gegen den Tod

In Deutschland hat sich Zahl der Schönheitsoperationen innerhalb von zwölf Jahren versechsfacht. Warum?

360.000 ästhetische Operationen wurden 2002 bundesweit gezählt, wie die Vereinigungen Deutscher Plastischer Chirurgen (VDPC) am Donnerstag mitteilte. Der VDPC vertritt eine boomende Branche mit froher Botschaft: Segelohren können angelegt, Rettungsringe abgesaugt und kleine Brüste aufgepumpt werden, alles kein Problem mehr.

Narben, Falten, Tränensäcke? Wie ein dünner Bleistiftstrich wird am Fließband ausradiert, was uns das Leben so im Laufe der Zeit auf den Körper schreibt. Wurden Korrekturen am Selbst früher noch schamhaft verschwiegen, so gelten sie heute als Ausdruck konsequenter Selbstermächtigung. Wenn Gott mich kurzsichtig gemacht hat, dann korrigiere ich das eben mit einer Brille – oder lasse mich lasern.

Wenn Patienten ihren Wunsch nach einer OP erklären sollen, läuft es immer auf dasselbe hinaus. Wir sehnen uns nach idealer Schönheit, wir steigern unser Selbstwertgefühl und erhöhen unseren sexuellen Marktwert. Dergleichen klingt genau deshalb so logisch und ehrlich und gar nicht hysterisch, weil sich kaum ein Patient der eigentlichen Ursache seines Wunsches nach verlängerter Jugend überhaupt bewusst ist. Weil dieser eigentliche Grund an ein noch mächtigeres Tabu rührt, als es die Eitelkeit jemals sein könnte. Wer in ein geliftetes menschliches Gesicht schaut, der wird dort nie etwas anderes entdecken als eine tierische Angst vor dem Tod. ARNO FRANK

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