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Millionenumsätze an den Erben vorbei

Das unrühmliche Ende der Kölner Lederwarenfirma Langhardt, die der Jurist und CDU-Ratsherr Heinz Christian Esser angeblich vor dem Konkurs retten wollte, beschäftigt inzwischen den Bundesgerichtshof. Langhardt-Erbinnen fühlen sich geprellt

Von Georg Wellmann

Langhardt-Lederwaren sind etwas Besonderes. Doch der Glanz des ehemals größten Lederwareneinzelhändlers Deutschlands, Emil Langhardt, ist verflogen. Das Kölner Traditionsunternehmen ist nicht nur pleite, auch die Staatsanwaltschaft beschäftigte sich nun mit dem unrühmlichen Ende des Betriebes (AZ: 110JS 95 aus 03). Der Verdacht: verschleppte Insolvenz. Die Kölner Staatsanwälte stellten fest, dass die betriebseigene Unterstützungskasse bereits vor sieben Jahren konkursreif gewesen ist. Der Insolvenzantrag für die Versorgungseinrichtung für Arbeitnehmer wurde aber erst im Herbst 2002 gestellt. Das Ermittlungsverfahren wurde gegen Geldzahlung vorläufig eingestellt. Doch die Geschichte um Langhardt ist damit nicht zu Ende.

Das Lederwarenunternehmen befand sich 1997 in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Es drohte der Konkurs. Im Zuge eines so genannten Sanierungskonzeptes wurden zahlreiche Firmenfilialen geschlossen und mehr als 100 Jobs gestrichen.

Die Sanierung kostete nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch viel Geld. So wurden innerhalb von zwei Jahren allein 3,7 Millionen Mark für Beratungshonorare ausgegeben. 360.000 Mark gingen davon an den Kölner Rechtsanwalt und CDU-Ratsherrn Heinz Christian Esser. Der Jurist kennt sich mit Pleiten aus, er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltsverein in Köln.

Heirat mit der Erbin

Seit Mitte der Neunzigerjahre spielte Esser eine zentrale Rolle in dem 1913 gegründeten Familienunternehmen. Der finanzpolitische Sprecher der Kölner CDU-Ratsfraktion war nicht nur Berater der Firma, sondern auch deren Anwalt und Mitglied des Firmen-Beirates. Esser heiratete zunächst eine der Langhardt-Erbinnen.

Dann übernahm er Ende 1999 zusammen mit seiner Ehefrau in der gemeinsamen „LB Lederwaren Beteiligungsgesellschaft mbH“ die Firma Langhardt. Die LB war kurz zuvor von Heinz Christian Esser gegründet worden. Der vielseitige Jurist ist auch deren Geschäftsführer. Der Sitz der Firma befindet sich unter der Kanzleiadresse Essers in der Kölner Innenstadt. Der Kaufpreis für die Firma Langhardt war günstig. Die sechs Erben veräußerten ihre Geschäftsanteile am 17. 12. 1999 für jeweils nur eine Mark an die Esser-Firma.

Zum doppelten Kaufpreis

Bestandteil der Sanierung war auch die Veräußerung der millionenschweren Firmenimmobilien. Insgesamt acht Wohn- und Geschäftshäuser in Nordrhein-Westfalen sowie eine Beteiligung am Parkhaus in der Kölner Brückenstraße wurden 1997 und 1998 aus dem Besitz der Langhardt an die „ANMAX Immobilien- und Beratungsgesellschaft mbH“ verkauft.

Gesellschafter der ANMAX sind wiederum die sechs Langhardt-Erben. Die Geschäftsführung übernahm für kurze Zeit Rechtsanwalt Esser. Mittlerweile führt seine Ehefrau die Geschäfte, die er wiederum dabei berät. Der Sitz der Firma befindet sich ebenfalls unter Essers Kanzleiadresse. Rund 30 Millionen Mark will die ANMAX für die Immobilien gezahlt haben.

Ein angemessener Kaufpreis ? Die Gesellschaft erwarb laut Kaufvertrag unter anderem die ehemalige Langhardt-Zentrale an der Bonner Straße durch Übernahme der Grundschulden in Höhe von 4,3 Millionen Mark. Knapp ein halbes Jahr später verkaufte sie die Immobilie für 8,4 Millionen Mark an eine Versicherung – also fast zum doppelten Kaufpreis.

Wurde die Geschäftszentrale also unter Wert verkauft und somit die wirtschaftlich angeschlagene Firma Langhardt finanziell geschädigt ? Rechtsanwalt Esser wollte sich zu sämtlichen Vorgängen bei Langhardt wie auch bei der ANMAX gegenüber der taz nicht äußern.

Über 60 Filialen im ganzen Bundesgebiet unterhielt das Kölner Traditionsunternehmen noch in den 90er Jahren. Zu seinen besten Zeiten beschäftigte Langhardt rund 700 Mitarbeiter. Mit dem Verkauf der Firmengrundstücke sollte das Unternehmen angeblich vor dem Konkurs gerettet werden. Doch jetzt ist Langhardt pleite, die Immobilien sind weg und die Gläubiger haben das Nachsehen. Denn sämtliche Geschäftsgrundstücke gehören nicht mehr in die Insolvenzmasse, da sie vorzeitig im Zuge des so genannten Sanierungskonzeptes aus der Firma Langhardt herausgenommen wurden.

Undurchsichtiges Handeln

Die ehemaligen Langhardt-Filialen sind inzwischen neu vermietet, so etwa in der Schildergasse, der Hohe Straße und der Ehrenstraße an die italienische Bekleidungskette „Benetton“. Die ANMAX erzielt aus ihren Immobiliengeschäften seit Jahren Millionenumsätze.

Hedwig Wagner ist eine der Langhardt-Erbinnen und Mitgesellschafterin der ANMAX. Sie wirft der Geschäftsführung undurchsichtiges Handeln vor und fühlt sich hintergangen. „Wir wissen ja gar nicht, was bei der ANMAX wirklich läuft. Über Jahre haben die Essers als Geschäftsführer keine Bilanzen vorgelegt. Gewinne aus dem Unternehmen haben meine beiden Schwestern und ich nie erhalten.“ Im August 2001 setzten die drei Erbinnen Essers Ehefrau als Geschäftsführerin ab. Es kam zum Rechtsstreit. Die Urteile des Land- und Oberlandesgerichts Köln waren eindeutig. Darin heißt es, „ die Geschäftsführerin hat in schwerwiegender Weise gegen ihre Pflichten [...] verstoßen.“ Und weiter: „ Die Tatsache, dass die Geschäftsführerin ihr Amt nur nebenberuflich ausübt und daher in erhöhtem Maße auf externe Berater angewiesen ist, die ihr hier das beanstandete Vorgehen empfohlen haben sollen, gereicht ihr nicht zum Vorteil.“

Vorgänge aufklären

Mittlerweile beschäftigt sich der Bundesgerichtshof in Karlsruhe mit dem Fall, denn die Geschäftsführung der ANMAX hat dort eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Oberlandesgericht eingelegt. Offensichtlich möchten Rechtsanwalt Esser und seine Frau es unbedingt vermeiden, dass die Geschäftsführung abberufen wird. Rechtsanwalt Friedrich Heilmann, der Frau Wagner und ihre beiden Schwestern vertritt, will hingegen dafür sorgen, dass eine neue Geschäftsführung eingesetzt wird und die Vorgänge bei der ANMAX aufgeklärt werden.

Zu klären wird unter anderem sein, wo die Gelder aus der Vermarktung der Immobilien geblieben sind. So stellte eine Firma „CT Immobilienverwaltungsgesellschaft mbH“ 1999 mehr als 800.000 Mark der ANMAX in Rechnung. Praktisch für Rechtsanwalt Esser. Denn er und seine Frau sind Hauptgesellschafter der CT. Die Postanschrift der Firma befindet sich übrigens ebenfalls unter der Kanzleiadresse des geschäftstüchtigen Juristen.

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