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Schlange stehen outgesourced

Der von der Bahn betriebene Stellenabbau wird im Ruhrgebiet nicht dazu führen, dass Reisezentren geschlossen werden. Allerdings werden die Reisenden künftig häufiger privat bedient

VON ELMAR KOK

Für die Gewerkschaft hat Manfred Pietschmann, Sprecher der Deutschen Bahn in Nordrhein-Westfalen, erstmal nur Lob: „Die haben einen guten Job gemacht“, sagt er, „nur hätten die das Wort ‚schließen‘ nicht verwenden dürfen.“ Die Gewerkschafter der Bahn haben mit ihren Meldungen, die Bahn werde im Zuge des Stellenabbaus Reisezentren schließen, für ordentlich Wirbel gesorgt. Wenn Pietschmann schon nicht die eigenen Angestellten beruhigen kann, dann wenigstens die Kunden: „In Nordrhein-Westfalen wird kein Reisezentrum geschlossen“, sagt der Bahner.

Trotzdem wird es im Ruhrgebiet Veränderungen geben, die der Kunde spüren wird. Die Bahn plant, im Revier die Reisezentren in Werl, Castrop-Rauxel, Kamen, Witten und Wuppertal-Oberbarmen zukünftig von Privatpersonen oder Reisebüros betreiben zu lassen. „Den Fahrkartenverkauf werden dann Agenturen übernehmen“, sagt Pietschmann. Damit würden auch Perspektiven für ehemalige Mitarbeiter der Bahn geschaffen. Für die gebe es nämlich die Gründerinitiative des Konzerns. Insofern werde der Betrieb der frei werdenden Reisecenter auch erstmal nicht ausgeschrieben. „Zuerst gehen wir auf die Mitarbeiter zu“, sagt Pietschmann.

Die Reisebüros sehen das Angebot der Bahn mit gemischten Gefühlen. „Wir decken über die Reisebüros schon 22 Prozent des Kartenverkaufs der Deutschen Bahn ab“, sagt Rainer Jansen, Sprecher vom Deutschen Reisebüro und Reiseveranstalter Verband (DRV) für die Region West. Allerdings sei die Bahn insgesamt kein toller Kunde: „Die versuchen ständig, die Provision zu drücken“ beschwert sich Jansen. Das könne bald dazu führen, dass der Kunde den Verkauf durch Beratungsentgeld fördern müsse, wie es jetzt schon bei der Lufthansa der Fall sei, an der der Staat ja auch noch Anteile halte.

Zudem sei die Bahn mit den ständigen Tarifwechseln kein guter Partner, sagt Jansen. „Das ist elektronisch unheimlich schwer anzupassen.“ Wirtschaftlich seien die Angebote der Bahn nicht, aber „wenn der Kunde es haben will, müssen wir es machen“. Und der Service, den die Reisebüros bieten, sei allemal besser, denn im Vergleich zum Automaten „haben wir einen Stuhl und Beratung“. Dass die Bahn versuche, das Geschäft auszulagern, sei zu erwarten gewesen, sagt Jansen. Denn die Bahn müsse an die Reisebüros nur zahlen, wenn die eine Karte verkaufen. „Wir kosten nichts. Erst dann wenn wir Erfolg haben. Die Mitarbeiter der Bahn kosten immer was.“

Ob demnach alles so rosig wird, wie sich die Bahn das vorstellt, ist fraglich. Das Reisebüro Velmer in Werl dementiert derweil die Übernahme eines Bahnmitarbeiters und des Fahrkahrtenverkaufs. „Das ist noch nicht in trockenen Tüchern“, sagt Unternehmer Velmer. Zuerst müssten die Umbauarbeiten am Bahnhof beendet sein und dann müsse man sehen, was kommt, sagt er.

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