Theater: Smells Like Teen Spirit
Theater im ehrwürdigen, ja fast schon legendären Römer? Wo wir unsere Jugend verschwendeten? Über die Spuren, die die Musik von Nirvana in unseren Leben hinterlassen habe? Mal ganz doof gefragt: Wollen wir das wirklich? Die künstlerische Durchdringung eines vielleicht nicht harmlosen, aber gewiss doch unschuldigen Vergnügens?
Es beginnt mit „Something In The Way“ – Christian Bergmann singt es mit umweltschonender Einkaufstasche aus wiederverwertetem Papier über dem Kopf. Da ist gewiss etwas im Weg – der Stimme, dem Blick. Thorsten zum Felde spielt dazu Gitarre. Er liegt auf dem Tresen. Eine Kamera über seinem Kopf überträgt das Bild seines Gesichts auf mehrere Fernsehbildschirme, die im Club verteilt stehen. Dann stellen sich die beiden auf die Bühne. Sie sagen: „Hallo.“ Singen: „Hallo hallo hallo hallo“ – wie in dem Song „Smells Like Teen Spirit“. Dann stellen sie sich vor. Als Kurt Cobain. Sagen, dass sie beide und wir alle Kurt Cobain seien. Kurt Cobain, also eigentlich: wir erzählen uns von den Fahrten zur Probe in einem alten Mazda voller Löcher. Von einem Riff und wie wir es so lange spielten, bis alle es gut fanden. Also auch wir. Cobain wollte geliebt werden, diesen Moment mit allen erleben. Wollte allein sein. Widersprüche eines Mannes, der mit hohem moralischen Anspruch die Welt um sich herum begutachtete, sie als mangelhaft empfand, aber ohne ihre Liebe nicht leben wollte. Für Cobain war das zu viel. Wir überlebenden Cobains aber dürfen am Ende eine umweltschonende Einkaufstasche aus wiederverwertetem Papier über unsere Köpfe stülpen. Um den Song zu hören, der dem Abend den Titel gab – nachhaltig dekonstruiert von Bergmann und zum Felde. Es roch einst so, nach Teen Spirit, nicht mehr heute – in der Einkaufstüte. Ein Abglanz bleibt, dem die spartanische Inszenierung von Katrin Bretschneider und Noah Holtwiesche Ausdruck verleiht. ASL
Samstag & Sonntag, 20 Uhr, Römer
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