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Flüchtlingsdrama vor Italien

Untergang eines Flüchtlingsbootes bei Lampedusa fordert vermutlich 70 Opfer

ROM taz ■ Bis zu 70 Tote hat der Untergang eines Flüchtlingsschiffs gefordert, das sich in der Straße von Sizilien auf der Fahrt zur italienischen Insel Lampedusa befand. Wie erst gestern bekannt wurde, barg am Montag ein tunesischer Fischkutter zwei Frauen und drei Männer 50 Seemeilen südlich von Lampedusa, die berichteten, dass ihr Boot schon am Samstag gekentert sei. Die italienische Marine nahm sofort die Suche auf, konnte aber zunächst nur elf Leichen finden.

Das Unglücksschiff gehörte offenbar zu den zahlreichen Booten, die in diesen Tagen wieder viele illegale Immigranten von der nordafrikanischen Küste zur südlich Siziliens gelegenen Insel Lampedusa bringen. Allein in den letzten 48 Stunden trafen erneut 200 Menschen ein; die Gesamtzahl für die letzte Woche liegt damit deutlich über 2.000.

Für Umberto Bossi von der Regierungspartei Lega Nord ist der erneute Flüchtlingszustrom Anlass, nach einem rüden Vorgehen gegen die Immigranten zu rufen. In einem – später dementierten – Zeitungsinterview forderte der Lega-Chef und Minister für Verfassungsreform, der italienischen Marine solle der Befehl erteilt werden, auf Immigrantenschiffe zu schießen. Bossi trägt damit in der ihm eigenen populistischen Manier der Tatsache Rechnung, dass auch das von ihm inspirierte und im letzten Jahr verabschiedete Ausländergesetz entgegen vollmundigen Versprechen an die rechte Wählerschaft bisher den Immigrantenzustrom nicht stoppte.

Mit dem Ruf nach dem Schießbefehl steht die Lega Nord jedoch in der Regierungskoalition allein: Nicht nur die Christdemokraten und Berlusconis Forza Italia, sondern auch die postfaschistische Alleanza Nazionale distanzierten sich umgehend, und Verteidigungsminister Antonio Martino erklärte gestern, die Marine werde „unter keinen Umständen“ Waffengewalt einsetzen. MICHAEL BRAUN

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