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Tante Emma in Grün

Strukturwandel im ökologischen Lebensmittelhandel: Heute eröffnet ein weiterer Biosupermarkt in Hamburg. Ein halbes Dutzend kleiner Ökoläden musste im vorigen Jahr schließen, eine Einkaufsgenossenschaft macht jetzt ebenfalls zu

von GERNOT KNÖDLER

Auch das Metro-Prinzip hat die Bahrenfelder Stadt-Land-Genossenschaft nicht retten können. Mit dem Verkauf direkt ab Halle versuchte die Ein- und Verkaufsgemeinschaft für ökologische Lebensmittel seit Februar vorigen Jahres dem zunehmenden Konkurrenzdruck Paroli zu bieten. Jetzt hat sie sich aufgelöst: „Wir sind am Abräumen hier“, sagt der ehemalige Geschäftsführer Robert Jarowoy. Der größte Teil der verbliebenen Bauern und Bioläden hat sich dem Regionalvermarkter Naturkost Nord angeschlossen – ebenfalls eine Demeter-Organisation, deren Überlebenschancen damit steigen.

Jarowoy spricht von einem „totalen strukturellen Umbruch“ in der Ökoszene. Dessen Ausdruck ist die heutige Eröffnung eines weiteren Biosupermarktes in der Eimsbüttler Osterstraße – gegenüber von Karstadt mitten in Hamburgs zweitgrößter Einkaufsmeile und ironischerweise in einem ehemaligen McDonalds-Restaurant.

Doch während die Zahl der Supermärkte und Discounter zunimmt, die Bio-Abteilungen der konventionellen Lebensmittelmärkte wachsen und der Großhandel zunehmend seine Macht ausspielt, geht Tante Emmas Bioladen an der Ecke ein. „Im vergangenen Jahr mussten sieben unserer Gründungsmitglieder schließen“, sagt Jarowoy.

Die unter Druck geratene Genossenschaft habe zunächst erwogen, gemeinsam mit Naturkost Nord einzukaufen. Nun aber werde sie ihr Geschäft übergeben, „um Naturkost Nord die Chance zu geben, als kleiner regionaler demeterorientierter Großhändler überleben zu können“, so Jarowoy. Mit der Zusammenlegung lässt sich eine Büromannschaft einsparen.

Dieter Beger vom Verein Ökomarkt, der den Verkauf ökologischer Lebensmittel zu fördern versucht, hält die Lage vieler kleiner Bioläden für kritisch. „Ich fürchte, dass die in fünf Jahren nicht mehr da sein werden“, sagt er. Auch nähmen diese die von Ökomarkt angebotenen Schulungen am wenigsten wahr, weil oft nur ein Mensch hinter der Theke stehe und keine Zeit für Fortbildungen habe: Selbstausbeutung im Teufelskreis.

Auch für den Demeter-Gemüsebauern Thomas Sannmann aus Ochsenwerder ist „der Strukturwandel nicht zu übersehen“. Wie ihre konventionell wirtschaftenden Kollegen gerieten jetzt auch die Ökobauern zunehmend unter den Druck der Großhändler. „Im konventionellen Bereich wird zuerst die Spanne des Konzerns abgezogen“, sagt Sannmann. Der Rest bleibt für die Bauern und Läden, die versuchen, sich zu wehren. 560 Bio-Milchbauern erstreikten sich vergangenen Herbst einen um einen Cent höheren Abnahmepreis. Selbst der Naturkost-Hersteller Rapunzel beliefert die Läden unter Umgehung des Großhandels inzwischen direkt.

Weil für die Großhändler die Zusammenarbeit mit wenigen großen Höfen lukrativer ist als mit vielen kleinen, vermarkten sich jene zunehmend selbst über Hofläden, Abokisten und Ökomärkte. „Uns interessiert es, eine Beziehung zu Kunden zu gewinnen und ihnen zu vermitteln, wie Nahrungsmittel angebaut werden“, sagt Sannmann. Den Läden rät Ökomarkt, Individualität zu entwickeln. Sie sollten durch ihre besondere Ladenatmosphäre und Betreuung Kunden an sich binden, mehr Feinkost anbieten – und ihre Öffentlichkeitsarbeit intensivieren.

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