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gottschalk sagtTopargumente im Bezirk

Christian Gottschalk: Die Kolumne am Donnerstag

Neulich belauschte ich mal wieder ein Gespräch am Nebentisch. Zwei offenbar unzufriedene Kölner Sportreporter überlegten, worüber man in Köln, außer über Sport, noch so schreiben könnte. Sie überlegten schwer. Und das kam bei raus: „Naja, ‚n paar Promis, und den Müllskandal.“ Tja, auch der schönste Müllskandal geht mal zu Ende, und die pfiffigen Kollegen können sich jetzt überlegen, weiter über Sport zu schreiben, oder sich vor dem Maca-Ronni auf die Lauer zu legen (falls Claudia Carpendale vorbeischaut) oder aber die Eisdielen nach „GZSZ“-Stars abzusuchen. Zumindest bis zum Revisionsverfahren.

Sie könnten auch einfach mal eine Bezirksratssitzung besuchen. Dort werden ausschließlich Eins-A-Top-Argumente ausgetauscht. Ich war nicht selber da, aber habe es im Express gelesen. Ich habe mehrmals meine Meinung geändert, weil immer neue tolle Argumente auftauchten. Es geht darum: Die Innenstadt-CDU will ein Denkmal für die Kölner Trümmerfrauen errichten. Weil die Köln wieder aufgebaut haben. Köln ist ja ganz gut geworden, denke ich, hamse verdient.

Dann aber diskutierten die Grünen in ihrem Ortsverband, ob unter den Trümmerfrauen „nicht auch solche gewesen sein könnten, die in der Nazi-Zeit Täterinnen waren“, und wollen sich mit einer Historikerin beraten. Stimmt, gute Idee. So geht‘s ja auch nicht. Hitlerbild weg, Mutterkreuz ab, Kopftuch auf: „Ich bin jetzt bei den Guten.“ Wozu aber braucht man eine Historikerin, wenn man Bürgermeister Jupp Müller (CDU) hat: „Das ist an den Haaren herbeigezogen und eine Diskriminierung der Trümmerfrauen. Meine Mutter war schließlich auch eine.“ Ja dann. Wenn die aal Frau Müller dabei war. Die Mam vum Müllers Jupp. Dann ist ja alles klar. Her mit dem Denkmal.

Elisabeth Thelen (Grüne) hat aber wieder ein ganz anderes Argument, nämlich, dass in dem CDU-Antrag auch Männer gemeint seien. „Und die haben schon so viele Denkmäler.“ Stimmt auch wieder. Männer haben schon voll viele Denkmäler. Menno. Das verwirrt. Deshalb fragte ich meinen Freund Thomas S. (parteilos), was der so meint, und der sagte: „Die Alte, die die Heinzelmännchen vertrieben hat, hat auch ein Denkmal. War die gut?“ Jetzt weiß ich gar nichts mehr.

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