: Besser spät als nie
betr.: „Vier gegen Atomwaffen. Schmidt, von Weizsäcker, Bahr und Genscher für Abrüstung“, taz vom 10. 1. 09
Es ist bemerkenswert, dass sowohl in den USA als nun auch in Deutschland Spitzenpolitiker, die durch den Kalten Krieg gegangen sind, die Vision einer atomwaffenfreien Welt befürworten und für dringend notwendig halten. Dass „die restlichen amerikanischen Atomsprengköpfe aus der Bundesrepublik abgezogen werden sollten“ ist eine Forderung, die auch alle drei Oppositionsparteien im Bundestag stellen. Dass der „Nichtverbreitungsvertrag entscheidend gestärkt“ und ein „Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen ratifiziert“ werden muss, ist eine längst überfällige Reaktion auf die momentane Entwicklung in der Abrüstung und Rüstungskontrolle.
Es ist zwar begrüßenswert, und ich kann den Aufruf in allem unterstützen, doch leider kommt diese Einsicht auf beiden Seiten des Atlantiks erst im Rentenalter. Während ihrer Amtszeit haben gerade diese Politiker das Wettrüsten bzw. die „Nachrüstung“ maßgeblich mitbestimmt. Doch wie man so schön sagt: besser spät als nie. Zumal wir heute in einer völlig veränderten Situation leben. Bleibt zu hoffen, dass die jetzige Regierung für diese Erkenntnis nicht auch erst in den Ruhestand gehen muss, sondern endlich aktiv wird und die nukleare Abrüstung vorantreibt. Dies könnte geschehen, indem sie zuerst die neue US-Administration auffordert, ihre Atomwaffen aus Büchel (die von deutschen Soldaten bewacht werden) abzuziehen und damit endlich ihre Verpflichtung aus dem Atomwaffensperrvertrag erfüllt.
Bei Obama würden sie sicher mehr Gehör finden als bei Bush. Ebenso sollte die deutsche Regierung beim 60. Geburtstag der Nato darauf setzen, die sogenannte First-Use-Klausel (Ersteinsatz mit Atomwaffen) aus der Doktrin zu streichen, um überhaupt wieder glaubwürdige Abrüstungspolitik machen zu können.
TOBIAS BOLLINGER
Kampagne „Unsere Zukunft – atomwaffenfrei“, Ebersbach
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen