: „Ein Dolchstoß für den Aufbau Ost“
Wenn die Bundesregierung weniger Geld für den Osten ausgibt, könnten weitere Investitionen ausbleiben
DRESDEN taz ■ Kanzler Gerhard Schröder ließ es sich gestern nicht nehmen, zum Richtfest der neuen AMD-Fabrik für 64-Bit-Prozessoren nach Dresden zu kommen. Das 2,4 Milliarden Euro teure Werk gilt als Vorzeigeprojekt des „Silicon Saxony“. Der Kanzler lobte die Weltspitzentechnologie – doch nur zwei Tage zuvor waren die Pläne seines Wirtschaftsministers Wolfgang Clement bekannt geworden, die Förderung für den Osten erheblich zu kürzen. Demnach will der Bund seinen Anteil an der so genannten Gemeinschaftsaufgabe (GA) nächstes Jahr auf 35 Prozent verringern.
Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) fürchtet nun, dass Investoren wie AMD in Zukunft fern bleiben. Allein für den Nanotechnologie-Standort Dresden sind mehr als eine Milliarde Euro öffentlicher Gelder geflossen. Auswirkungen hätte eine geringere Förderung aber auch auf die Infrastruktur, besonders auf den kommunalen Straßenbau. Das Sächsische Wirtschaftsministerium änderte Ende 2003 zudem die Förderrichtlinie, um Fehlförderungen zu vermeiden – inzwischen ist die Zahl der geschaffenen Arbeitsplätze ein maßgebliches Kriterium für die Zuschusshöhe.
Das Finanzministerium in Dresden ist von der Ankündigung der Bundesregierung offenbar völlig überrascht worden. Noch vor wenigen Tagen hatte der sächsische Finanzminister Horst Metz die alleinige Verfügung der Länder über die GA-Mittel verlangt. Deren Höhe und die Ost-Priorität sollten allerdings erhalten bleiben. Politiker aus dem Osten üben daher scharfe Kritik an Clements Plan. Unter Ostdeutschlands Ministerpräsidenten herrscht, ungeachtet ihrer Parteizugehörigkeit, Empörung. Sachsens CDU-Generalsekretär Hermann Winkler sprach gestern von einem „Dolchstoß für den Aufbau Ost“. Sein Parteifreund Arnold Vaatz, Sprecher der ostdeutschen CDU-Bundestagsabgeordneten, sieht bereits den Solidarpakt gescheitert. Wie sein Fraktionskollege Dietrich Austermann attackierte auch Vaatz die geplante Beibehaltung der Subventionen für Steinkohle. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) warf Clement Parteinahme für Nordrhein-Westfalen vor. MICHAEL BARTSCH
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