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Auferstanden in Ruinen: die Ska-Punk-Rock-Band „Rantanplan“ in der FabrikJunger Mann zum Mitreisen gesucht

Manchmal ist der Titel einer neuen Musik-CD aktueller, als es selbst der Band lieb sein könnte. So jedenfalls dürfte es den Ska-Punk-Rockern von Rantanplan ergangen sein. Eigentlich denkt man bei dem Titel Junger Mann zum Mitreisen gesucht an Jahrmärkte und die coolen Typen mit fetten Tätowierungen und Zahnlücken, die lässig zwischen den anrollenden Karussellen jonglieren, um die Fahrchips einzusammeln.

Dieses Jahrmarkt-Ambiente ist ja gar nicht so weit weg von dem Tour- und Konzertgeschehen einer Band, doch plötzlich steht Rantanplan sehr praktisch vor dem Problem, einen jungen Mann zum Mitreisen zu finden. Denn nach längeren Auseinandersetzungen ist – kurz vor der jetzigen Veröffentlichung der Platte – Posaunist Brian von der Bühne ins Parkett verwiesen worden. Nachdem bereits im letzten Frühjahr Bläser-Kollege Lars die Band verlassen hatte, besteht Rantanplan nur noch aus drei festen Mitgliedern. Live verstärkt man sich daher nun durch mitreisende Gastmusiker.

Jahrelang gelten Rantanplan als eine „der“ deutschsprachigen Ska-Punk-Bands, fetzen mit satten Bläsern und harten Gitarren zwischen Rock und Reggae auf vielen großen Bühnen landauf, landab. Doch Krisen und Erschütterungen pflastern ihren Weg. Kurz nach dem überaus erfolgreichen zweiten Album Köpfer (1998) verabschieden sich Reimer und Marcus von der Band, gründen wenig später höchst erfolgreich Kettcar. Rantanplan sammelt sich und legt Ende 2000 die CD Samba nach. Doch wieder gibt es Rückschläge. Das bisherige Label ist derart überfordert, dass die verkaufsstarke CD Köpfer über Monate nicht mehr lieferbar ist.

Als die Nachpressungen endlich fertig sind, befinden sich im Booklett nicht die Texte von Rantanplan, sondern Erläuterungen über die Werke ungarischer Klassiker. Auch sonst geht zwischen Band und Label nichts mehr, man trennt sich. Die Suche nach einer neuen Plattenfirma beginnt. Um bei den Fans nicht in Vergessenheit zu geraten, produziert die Band zwischendurch in eigener Regie die Mini-CD TresenThesen (2002). Doch eine neue Plattenfirma will sich nicht finden – jetzt schlägt die Krise der Musikbranche zurück. Aber Rantanplan bleibt stark: Endlich – dieses Frühjahr – gründen sie mit „Hamburg Allstyles“ ihr eigenes Label. Dort erscheint nun, frei nach dem Motto „Auferstanden in Ruinen“ nach über drei jähriger Unterbrechung ihr neues, viertes Album.

Und das klingt – allen Krisen und Rückschlägen zum Trotz – lebendig und frisch. Gewohnt fette Bläser peitschen die Sounds, erdige Riffs treiben die Beats und machen viel Rhythmus. Dass sich Rantanplan in diesem Land nicht sonderlich wohl fühlen, wird in den Songs zwischen „Schmuddelwinter Sucks“ und „Käpt‘n Industrie“ ebenso klar wie die Lust am Schrägen („Affe Loco“ oder „Keinseiner“) und an der Lust („Sissy“). Live gibt es das Ganze am Dienstagabend in der Hamburger Fabrik. Mit dabei dann auch alte Weggefährten der Band wie Nils Koppruch (Fink) oder Catharina Boutari (Uh Baby Uh). Dirk Seifert

Dienstag, 21 Uhr, Fabrik

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