piwik no script img

Linke gegen Verdi

Reformgegner zerstritten wegen Hartz IV. Linke maulen über Verdi, weil die Gewerkschaft angeblich bei den Arbeitsmarktreformen mitmachen will

Linke meckern über die Gewerkschaft: „Verdi trägt mit dazu bei, dass Hunderttausende arm gemacht werden.“

VON MARTIN TEIGELER

Interne Konflikte schwächen die Protestbewegung gegen die Arbeitsmarkt-Reformen der Bundesregierung. Das so genannte „Anti-Hartz-Bündnis NRW“ wirft der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi vor, „den Sozialkahlschlag mitzugestalten, statt Widerstand zu organisieren“. Grund für die Aufregung unter den Reformgegnern ist eine Verdi-Informationsveranstaltung am kommenden Mittwoch in Düsseldorf. Die Kollegen tagen unter dem Motto: „Gestaltung von JobCentern und Umsetzung von Arbeitslosengeld II“. Das bringt Gunnar Stach vom „Anti-Hartz-Bündnis NRW“ auf die Palme. „Verdi trägt mit dazu bei, dass hunderttausende von Verdi-Mitgliedern arm gemacht werden durch die Streichung der Arbeitslosenhilfe“, so Stache. In einem Aufruf an alle Hartz-Gegner in NRW fordert er zur Teilnahme an der unliebsamen Veranstaltung auf.

Der Geist der Veranstaltung gehe deutlich aus der Ankündigung hervor, in der die „verharmlosenden offiziellen Sprachregelungen“ voll übernommen worden seien, zitiert Stache: „Zum 1. Januar 2005 werden Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zu einer Grundsicherung für Arbeitssuchende, dem Arbeitslosengeld II zusammengeführt.“ Gegen dieses vierte Gesetz nach den Vorschlägen des VW-Personalvorstands Peter Hartz hatten Verdi und Bündnis bisher mobil gemacht. Sprecher Gunnar Stache will deshalb nicht verstehen, warum Verdi jetzt offenbar bei der Umsetzung von Hartz IV mitmachen wolle. „Kein Wort darüber, dass mit diesem Gesetz die für die Arbeitslosen deutlich höhere Arbeitslosenhilfe gestrichen wird“, so Stache.

„Mitgestaltung“ geschweige denn Unterstützung des Regierungskurses kann Verdi jedoch schwerlich unterstellt werden. Der Diskussionstermin am 26. Mai solle „über den Sachstand informieren“, heißt es in der offiziellen Verdi-Einladung. Das Programm der Veranstaltung deutet eher auf einen reformkritischen Ablauf hin. Zur Begrüßung referiert Verdi-Fachfrau Karin Richter-Pietsch zum Thema „Chaos in den Sozialämtern“. Danach finden Diskussionspanel statt, die das neue Arbeitslosengeld II kaum abfeiern dürften. Ein Veranstaltungsblock befasst sich beispielsweise unter dem Motto „Kommunen: Den letzten beißen die Hunde“ mit den Reform-Auswirkungen auf die Finanzen der Städte und Gemeinden.

Der vom „Anti-Hartz-Bündnis“ hoch gezogene Konflikt um die Düsseldorfer Verdi-Veranstaltung ist ein weiterer Beleg für die internen Konflikte der Regierungskritiker. Während das „Anti-Hartz-Bündnis“ – eine mannigfaltige Protestallianz von linken Arbeitervertretern, Erwerbsloseninitiativen sowie Friedens- und Antiglobalisierungsgruppen – den „Widerstand“ gegen die Arbeitsmarktreformen der Bundesregierung weiter vorantreiben will, suchen führende Vertreter der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zumindest wieder den Gesprächskontakt zu Rot-Grün. Bereits Ende Januar hatte die NRW-Gewerkschaftsleitung den Protestaufruf zu einer Großdemo in Düsseldorf nicht mitunterzeichnet. Wegen der fehlenden gewerkschaftlichen Mobilisierung demonstrierten nur rund 4.000 Menschen in der Landeshauptstadt.

Eigentlich hätten die Reformgegner eher Grund zur Freude als Anlass zum Streit. Hartnäckig halten sich nämlich Gerüchte, dass der für den 1. Januar 2005 geplante Start von Hartz IV wegen bürokratischer Probleme in der Arbeitsverwaltung verschoben werden muss.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen