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debatte: neuer anfang für regionale arbeitsmarktpolitikReine Wirtschaftspolitik mit vermeintlichen Leuchtturmprojekten

Schartaus Pläne sind fragwürdig. Die EU-Regionalsekretariate aufzulösen und auf die Job-Center zu setzen, ist ein Vabanquespiel

Durch die Neuausrichtung der regionalen Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik soll nun das Primat der Wirtschaft auch in den Regionen des Landes umgesetzt werden. Zukünftig soll es, nach dem Willen des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit (MWA), um finanzielle Mittel für Leuchtturmprojekte statt um soziale und ökologische Arbeitsmarktprojekte gehen.

Im Zuge der mit Hartz III geplanten Einführung von flächendeckenden Job- Centern will Minister Harald Schartau (SPD) die bisherige Struktur auflösen und einer, an den IHK-Regionen orientierten, neustrukturierten regionalen Wirtschaftspolitik unterordnen. Die Pläne bedeuten, dass die 30 NRW-Arbeitsmarktregionen mit ihren EU-Regionalsekretariaten in den 16 IHK- Regionen aufgehen sollen. In Zukunft sollen die prioritären Wirtschaftsprojekte von neuen Lenkungskreisen beschlossen werden. Die Projekte werden aufgrund der regionalen CDU-Mehrheitsstrukturen von ihren Spitzenvertretern und der Wirtschaft hinter verschlossen Türen ausgekungelt. Der letzte Vorbehalt über die Finanzierung der so zustande gekommenen Projekte liegt dann zwar beim Ministerium, aber der Arbeitsmarkt dürfte bei dieser Zusammensetzung zukünftig bestenfalls ein untergeordnetes Thema sein. Stattdessen: Reine Wirtschaftspolitik mit vermeintlichen Leuchtturmprojekten. Von breiter demokratischer Akzeptanz kann keine Rede mehr sein. Zudem wird auch noch das bisher in der regionalisierten Strukturpolitik gültige Konsensprinzip durch Mehrheitsentscheidungen abgelöst. Sozial-ökologische Kräfte, die bisher in den Regionen in unterschiedlicher Form an dem Entscheidungsprozess beteiligt waren, sind in Zukunft außen vor.

Die undemokratischen Lenkungskreise sollen auch über den Sitz der Regionalagenturen entscheiden, die wirtschaftsnah angesiedelt werden sollen. Schartaus Pläne sind mehr als fragwürdig. Die EU-Regionalsekretariate haben gut funktioniert. Sie jetzt aufzulösen und auf die Job-Center zu setzen, ist ein Vabanquespiel. Der schwierige Strukturwandel wurde bislang halbwegs bewältigt, steht aber zum Teil noch aus. Die Pleite mit den Personal-Service-Agenturen, wie etwa Maatwerk, zeigen aber, dass die Hartz-Reformen nicht greifen. Eine Unterordnung der Arbeitsmarktpolitik unter die Wirtschaftspolitik, wie sie jetzt geplant ist, ist alles andere als eine Erfolgsgarantie: Die Unternehmen sind nicht in erster Linie an Erhalt und Schaffung von neuen Arbeitsplätzen, sondern durch Rationalisierungen an Gewinnen orientiert.

Die Grünen setzen sich für den Erhalt der Arbeitsmarkt- und Strukturpolitik mit ihren bewährten konsensorientierten Entscheidungsstrukturen. Die wirtschaftsdominierte Zusammensetzung der regionalen Lenkungskreise muss geändert werden. So müssen Sozial- und Umweltverbände sowie die Parteien, die in Kreistagen und in den Räten der kreisfreien Städte Fraktionsstatus haben, mit mindestens einem Vertreter stimmberechtigt sein. Das Entscheidungsverfahren der Lenkungskreise muss sich – wie bisher in den Gremien der regionalisierten Strukturpolitik – weiterhin am Konsensprinzip orientieren. Wenn überhaupt Regionalagenturen, dann sollten diese bei den Bezirksregierungen angesiedelt sein. Denn die Agenturen sollen Landesprogramme und die Vorschläge aus der Region in Abstimmung zwischen Land und Region zielgerichtet umsetzen.

RÜDIGER SAGEL

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