piwik no script img

Wer ist zuständig für eine Bannmeile?

Bußgeldverfahren wegen Antikriegsdemo verzögert sich, weil Ordnungsamt seine Kompetenzen überschritt

BERLIN taz ■ So viel ist klar: Das Wiesbadener Ordungsamt hat ein Bußgeld von 1.250 Euro verhängt – gegen Hans-Gerd Öfinger. Der stellvertretende Ver.di-Bezirksvorsitzende und Mitbegründer des Wiesbadener Antikriegsbündnisses soll am 24. März Schüler mit einem Lautsprecherwagen dazu „angefeuert“ haben, bei einer spontanen Antikriegsdemonstration auch in die Bannmeile um das Landtagsgebäude einzudringen (taz berichtete). Allerdings hat sich nun nach einem elfwöchigen Anhörungsverfahren herausgestellt, dass das Ordnungsamt gar nicht für Bannmeilenverstöße zuständig ist, sondern das hessische Innenministerium.

Öfingers Anwalt sieht einen klaren Fall von Amtspflichtverletzung. Gerhard Strauch erwartet daher von der Zentralen Bußgeldbehörde eine Antwort auf die Frage, ob vor der Einleitung des Verfahrens die Zuständigkeit geprüft wurde. Er vermutet, dass „dem unbequemen Friedensdemonstranten Öfinger mal eins ausgewischt“ werden sollte.

Für Öfinger selbst ist die Überstellung des Verfahrens an das Ministerium „ein feiger Versuch, um das Gesicht nicht ganz zu verlieren“. Denn Öfinger hat die Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit beantragt. Nicht ganz chancenlos, wie er glaubt.

Im Innenministerium gibt man sich zugeknöpft. „Das Verfahren geht jetzt seinen gesetzlichen Gang“, erklärte der zuständige Sachbearbeiter gegenüber der taz. Da dieser Mitarbeiter demnächst für drei Wochen in Urlaub geht, ist erst frühestens Mitte August mit einem Abschluss des Verfahrens zu rechnen.

Es gibt drei mögliche Varianten, wie das Verfahren enden könnte: Das Innenministerium verhängt ein Bußgeld, stellt das Verfahren ein oder einigt sich mit Öfinger auf ein Verwarnungsgeld. Für Öfinger aber kommt nur eine Einstellung in Frage. Der Grund: „Ich war nicht Leiter der spontanen Versammlung, sondern habe den Schülern lediglich mit Auto und Lautsprecheranlage geholfen.“

BARBARA BOLLWAHN

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen