piwik no script img

Zahnersatz klemmt

Gesundheitsreform in vorläufig letzter Runde: Zuzahlungen wohl deftig, Privatisierung dürfte jetzt zwischen Schröder und Merkel geklärt werden

BERLIN rtr/taz ■ Am vorläufig letzten Verhandlungstag zur Gesundheitsreform war gestern völlig offen, ob die Union sich mit ihrer Forderung nach Privatisierung des Zahnersatzes durchsetzen würde oder nicht. Zuvor hatte die CDU in den Medien Skepsis gestreut, dass es zu einer Einigung kommen würde – vor allem, um den Druck auf die Regierung zu erhöhen.

Unions-Chefin Angela Merkel jedoch hat an ihrem Verhandlungsführer Horst Seehofer (CSU) vorbei deutlich gemacht, dass sie einen Einstig in die Privatisierung von medizinischen Leistungen verlangt. Nachdem die Unterhändler gestern erst gegen 16 Uhr angefangen hatten und Seehofer wie Schmidt später in einer ARD-Talkshow erwartet wurden, blieb unklar, wie weit die Runde kommen würde. Es hieß, wahrscheinlich werde die Privatisierungsfrage morgen zwischen Kanzler Gerhard Schröder und Merkel ausgehandelt. Heute wollen die Verhandlungsführer ihre Parteigremien unterrichten.

Obwohl dies gestern von Schmidts Sprecher Klaus Vater strikt bestritten wurde – „es liegt alles wieder auf dem Tisch“ –, dürfte die Frage der Zuzahlungen mittlerweile als geklärt gelten. Die bereits jetzt im Gesetz stehende Regel, wonach Patienten mit bis zu 2 Prozent ihres Bruttojahreseinkommens (chronisch Kranke: 1 Prozent) belastet werden können, soll voll ausgereizt werden. Bei jedem Arzt, also Haus- und alle Fachärzte, werden nach dem Willen der Reformverhandler 10 Euro pro Quartal Gebühr fällig, für Krankenhausaufenthalte bis zu 350 Euro. Für Medikamente werden bis zu 10 Euro zugezahlt.

Unklar blieb gestern, wie viel die Krankenkassen dank all dieser Maßnamen einsparen können. Ziel ist auf jeden Fall, über 20 Milliarden Euro hereinzuholen, um die Kassenbeiträge auf 13 Prozent senken zu können. Die Grünen-Unterhändlerin Petra Selg sagte, das bisher ausgehandelte Finanztableau sehe für 2004 Einsparungen in Höhe von 11,8 Milliarden Euro vor. Der Betrag solle bis 2007 auf 19,8 Milliarden Euro ansteigen. UWI

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen