piwik no script img

Quelle des Giftfutters muss nicht kriminell sein

Im PCB-Skandal appelliert Sachsens Agrarminister an Hessen: Nur wer aufklärt, kann Wiederholungen ausschließen

BERLIN taz ■ „Es mag paradox klingen: Ich sehe die PCB-Sache positiv“, erklärte Sachsens Agrarminister Steffen Flath gestern der taz: „Das ist doch ein Zeichen, dass unser Kontrollsystem funktioniert.“ Kontrollen fanden Anfang Juni heraus, dass 1.270 Tonnen Futter, die mit dem krebserregenden Stoff belastet waren, schon vor zwei Monaten an 60 Höfe ausgeliefert worden waren.

„Aus unserer Sicht ist klar, dass die Verursacherquelle Pflanzenöl aus Hessen ist“, so der sächsische Agrarminister. Zur Aufklärung brauche man deshalb „die Hilfe des Landes Hessen“. Wenn man jetzt nicht aufkläre, wo die Verursacherquelle war, nütze das beste Kontrollsystem nämlich nichts. Flath: „Nur wer aufklärt, kann Wiederholungen ausschließen.“

Die Mithilfe Hessens sieht derzeit aber so aus: Mitarbeiter haben den Ölbetrieb, dessen Namen streng geheim ist, untersucht, Bücher geprüft und Rückstellproben analysiert. „Dass dort das Öl verunreinigt wurde, ließ sich nicht feststellen“, sagt Helmut Weinberger, Sprecher im hessischen Agrarministerium. Nun würde noch einmal der Ablauf geprüft, wer wann wen kontrolliert und informiert habe. Am wichtigsten sei es schließlich, dass für den Verbraucher keine Gefahr besteht. Eier und Fleisch, das hatten vorgestern Analysen ergeben, waren nicht höher belastet als nach Lebensmittelrecht zulässig.

Matthias Wolfschmidt von Foodwatch beruhigt das nicht. Ähnlich wie das als Sevesogift bekannte Dioxin lagert sich PCB im Fett ab. So nimmt die Dosis über die Nahrungskette zu. Wolfschmidt: „PCB gehört nicht ins Essen.“ Tatsächlich darf die Verbindung aus Chlor und Kohlenwasserstoffen schon seit 15 Jahren in Deutschland nicht mehr verwendet werden, taucht aber immer wieder auf. In den 60er- und 70-Jahren galt sie als Wunderstoff, wurde in Bodenbeläge, Farben und Öle gemischt. „Der Pfad der Verseuchung muss nicht unbedingt kriminell sein“, so Andreas Gies vom Umweltbundesamt. Vielleicht sei nur aus einer maroden Maschine altes Hydrauliköl getropft. Gies: „In jedem Fall ist es nicht schwer, die Ursache zu finden.“ HG, RENI

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen