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christoph schultheis „Furchtbar, ungenießbar, Gummi“

„Spiegel-TV“ hat einen Kochwettbewerb der „Zeit“ verfilmt. Mit Wolfram Siebeck. Aber das macht nichts

Es ist einfach schon zu lange her, als dass man sagen könnte, wann und wo. Mehrere Jahre ist das her, bestimmt, und ist doch nachhaltig in Erinnerung geblieben: wie nämlich Wolfram Siebeck, der Siebeck, vor laufender Kamera eine Tütensuppe probierte. Keine Ahnung, was für eine Sendung das war. Irgendein Magazin- oder Reportagedings wohl. Keine Ahnung auch, warum dieser Siebeck da überhaupt zusagen konnte. Aber wie der grauhaarige Mann da den Löffel in die Suppe tauchte, den Löffel samt Suppe zum Mund führte, mitten hinein ins bärtige Gesicht, und, ja, wie er die Suppe schließlich angewidert ausgespuckt, tatsächlich aus-ge-spuckt hatte – das hat sich, wer damals dabei gewesen war vorm Bildschirm, eingeprägt: Siebeck, der Tütensuppenspucker.

Abermillionen Tüten unzähliger Geschmacksrichtungen verfrachtet die Instantindustrie Jahr für Jahr in Deutschlands Supermarktregale und von dort, fix eingerührt in heißes Wasser, in die hungrigen Mägen der Konsumenten. Und Siebeck hatte ihnen allen in die Suppe gespuckt. Oder mitten ins Gesicht.

Sein eigenes war nun am Montagabend wieder im Fernsehen, weil „Spiegel-TV“ momentan in einer zweiteiligen Reportage (Teil 2 am 5. Juli) auf Sat.1 über den diesjährigen Hobbykoch-Wettbewerb der Zeit berichtet, zu dem Siebeck ambitionierte Laienköche aufgerufen und über dessen Fortgang Siebeck selbst hernach Woche für Woche für Woche derart ausführlich berichterstattet hatte, als fiele ihm gar nichts anderes mehr ein. „Siebeck sucht den Superkoch“ hat „Spiegel-TV“ die mäßig interessante Verfilmung der Zeit-Serie genannt. Aber das macht nichts. Denn eigentlich geht es nur darum, Siebeck dabei zuzuschauen, wie er mümmelt, das Gesicht verzieht und Teller von sich schiebt. Ob Wachteln, Entenbrüste, Hummerschwanz – für den mittlerweile 75-Jährigen ist’s „furchtbar“, „ungenießbar“, „Gummi“.

Man könnte kotzen, wenn man sieht, was alles diesem sichtlich weltsatten Kostverächter nicht schmecken will. Friedlichen Tütensuppenköchen allerdings dürfte es eine seltsam mitleidlose Genugtuung bereiten, dem „Fallbeil unter den deutschen Esskritikern“ („Spiegel-TV“) zuzusehen, wie er auslöffelt, was er sich eingebrockt hat.

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