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nebensachen aus sarajevoWie man auf vier Pfoten von Bosnien ganz leicht und schnell in die EU kommt

Sarajevo ist dabei, eine ganz normale Stadt zu werden. In der Altstadt jagt ein Konzert das andere, tausende tanzen in die warmen Sommernächte, die Programme für den zehnten Jahrestag des Filmfestivals im August werden schon plakatiert. Die im Krieg abgeholzten Parks sind längst neu bepflanzt, und manche dieser von Deutschland und Japan gespendeten Setzlinge haben jetzt schon eine beachtliche Höhe erreicht.

In dem Stadtteil Ciglane, direkt vor der US-amerikanischen Botschaft, sind sie in neun Jahren groß genug geworden, um ein bisschen Schatten zu spenden. Mit dem Hund dort vorbei zum etwas näher am Zentrum liegenden Park nahe der Titovastraße zu wandern, gehört zur täglichen Routine. Hier haben sich Österreicher, Deutsche, Franzosen, Italiener und andere Nationen schmucke Villen als Botschaften renoviert. Tagsüber bilden sich lange Schlangen. Die Leute stehen um Visa an, um in die Europäische Union reisen zu dürfen.

Dort traf ich kürzlich den Schriftsteller X, der froh war, sich im Gespräch die Wartezeit zu verkürzen. Als Flüchtling während des Krieges hatte er mir in einem Wiener Caféhaus einmal erzählt, dass er die deutsche Emigrantenliteratur verschlinge. „Jetzt erst verstehe ich, wie sich Thomas Mann und Lion Feuchtwanger gefühlt haben müssen.“

Der Krieg und die Flucht seien zwar schon lange vorbei, sagt er jetzt, er sei wieder zu Hause in Sarajevo, müsse als Bosnier aber nach wie vor betteln, um nach Wien oder Berlin fahren zu dürfen. Er habe außerdem schon lange keine offizielle Einladung für einen Vortrag erhalten, die bosnischen Intellektuellen seien ja nicht mehr so gefragt wie in den Neunzigern.

„Wenn du von einer Institution eingeladen wirst, ist es mit dem Visum einfach. Privat wird das schon schwieriger“, erklärt er. „Meine in Wien lebende Exfrau will nichts mehr von mir wissen, die hat jetzt einen anderen.“ Ein entfernter Bekannter habe ihm schließlich geholfen.

Ohne Einladung von EU-Bürgern kann kein Besitzer eines bosnischen Passes in die EU reisen. „Muslimische und orthodoxe Bosnier werden wie unmündige Kinder behandelt. Aufsichtspersonen müssen für uns bürgen“, sagt er. Katholische Bosnier, die sich leicht kroatische Pässe beschaffen können, reisen visumfrei in die EU. „Das soll keine Diskriminierung sein?“

Weiter unten in der Altstadt wurden neue Reisebüros aufgemacht. Die Leute stehen vor den Schaufenstern und studieren die Angebote. Denn seit dem 1. Juli sollen Bosnier an der kroatischen Grenze für jeden Tag, den sie an der Küste verbringen wollen, 100 Euro vorweisen. Das traditionelle Urlaubsgebiet Dubrovnik oder die Makarska-Riviera sind weggebrochen.

„Das ist unverschämt, nicht nur wegen des Geldes. Einfach dieser vorauseilende Gehorsam der Kroaten gegenüber der EU ist für uns beleidigend“, sagt Aida. Sie ist Rechtsanwältin. Jedes Jahr besuchte sie den gleichen Badeort. Jetzt will sie mit ihren Kindern nicht mehr nach Kroatien fahren; Tunesien, die Türkei, sogar Indonesien und Malaysia locken mit Billigangeboten. Und dort brauchen Bosnier kein spezielles Visum, es sind muslimische Länder. Stipi, mein Hund, hat einen gültigen bosnischen Hundepass. Und der wird in allen Ländern der EU anerkannt. Mein Dalmatiner wird also nicht diskriminiert. Da hat er Glück gehabt. ERICH RATHFELDER

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