: Fortschritt leicht schwankend
Fußball-Bundesligist VfL Bochum will sich auch in der kommenden Saison weiter entwickeln. Wegen personeller Umbrüche warnt Trainer Peter Neururer aber vor allzu großen Erwartungen
VON DER KLOSTERPFORTEHOLGER PAULER
Würde der VfL Bochum einer linearen Gesetzmäßigkeit folgen, könnte das Ziel in der folgenden Saison nur Champions-League heißen: Seit dem Amtsantritt von Peter Neururer ging es für den Ruhrgebietsklub permanent nach oben. Vor zwei Jahren gelang aus aussichtsloser Position der Aufstieg in die erste Liga, dort wurde der Aufsteiger auf Anhieb Neunter und jetzt spielt der VfL im Uefa-Cup. Die jeweils ehrgeizigen und oftmals belächelten Vorgaben des Trainers wurden mindestens erfüllt. Doch vor der kommenden Saison legt Peter Neururer bewusst andere Maßstäbe an: „Die Mannschaft wird auch in dieser Saison einen weiteren Schritt nach vorne machen“, nur werde man dies „nicht unbedingt am Tabellenplatz festmachen können“. Ziele sind: Das Mitspielen um einen UI-Cup-Platz und das Erreichen der Gruppenphase im Uefa-Cup.
Grund für diese leicht vorsichtige Einschätzung ist der personelle Umbruch beim VfL. Mit Abwehrspieler Frank Fahrenhorst und Angreifer Vahid Hashemian haben die Bochumer zwei absolute Schlüsselspieler verloren. Auch der Weggang von Nationalspieler Slawo Freier ist – obwohl er eine wahre Seuchensaison hinter sich hat – mittelfristig wohl ein herber Verlust. Die Lücken sollen in den ersten beiden Fällen durch erfahrene Spieler geschlossen werden: Abwehrspieler Aleksander Knavs und Angreifer Vratislav Lokvenc kommen aus Kaiserslautern.
Darüber hinaus wurden vor allem Spieler mit Perspektive verpflichtet: U-21-Nationalspieler Christoph Preuß (23) kommt aus Frankfurt, Zvejdan Misimovic (22) wurde bei den Bayern Amateuren Torschützenkönig der Regionalliga Süd, Filip Trojan (21) vom Nachbarn Schalke, galt vor zwei Jahren als eines der größten Talente des tschechischen Fußballs. Dazu kommen aus der eigenen A-Jugend die beiden Junioren-Nationalspieler Ersan Tekkan und Marvin Matip. Allesamt Spieler, die nicht nur in Bochum begehrt waren. „Es macht Sinn, dass der Verein nicht nur auf den kurzfristigen Erfolg setzt“, sagt Mittelfeldspieler Thomas Zdebel.
Dennoch könnte zumindest dort kurzfristig ein Problem entstehen. Der 22-jährige Däne Tommy Bechmann, 14-maliger U-21-Spieler und in der abgelaufenen Saison dänischer Torschützenkönig, soll auf Anhieb die Position von Freier besetzen. „Wir müssen ihn sofort ins kalte Wasser schmeißen“, sagt Peter Neururer, und die Nachfolge eines Nationalspielers anzutreten sei „nicht ganz so einfach“. Ein gewisses Risiko bleibt also. Leichte Rückschläge müsse man in Kauf nehmen, sollen aber „nicht zur Regel“ werden, so Neururer.
Dass gerade die jungen Spieler unter der Doppelbelastung zusammenbrechen könnten, glaubt dennoch niemand. „Je höher die Ansprüche, desto leichter lernen wir jungen Spieler dazu“, gibt sich Christoph Preuß optimistisch. Und Thomas Zdebel weiß: „Es ist immer schöner zu spielen, als zu trainieren, vor allem international.“ Obwohl er sich eher als Pessimisten betrachtet, glaubt er, dass gerade durch die „Mischung der Mannschaft“ alles für eine positive Zukunft angerichtet sei.
Die vorsichtigen Einschätzungen der Verantwortlichen und der Spieler scheinen jedenfalls den Erfolgsdruck zu minimieren. Selbst das traditionell eher unbeliebte Sommertrainingslager mutiert darüber zur Spaßveranstaltung. Im idyllischen Hotel Klosterpforte im ostwestfälischen Marienfeld wird selbst bei den quälenden Bodenübungen gelacht und geflachst. Und nach dem Training verabreden sich die Spieler noch zum lockeren Lattenschießen. Dass der Wettbewerb dann letztlich auch kein wirkliches Ende nahm, lässt für die kommende Saison nichtlineare Fortschritte erwarten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen