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Schon im Nordohr: Harding und MullovaDurchschnaubtes und Durchglühtes

Es riecht nach Pferden, auf der Nase kitzeln Fliegen und an einer schönen, leisen Stelle der Musik schnaubt es hörbar hinter der Wand – der Elmshorner Veranstaltungsort des Schleswig Holstein Musik Festivals heißt nicht nur „Alte Reithalle“, es wird dort auch immer noch geritten.

So viel Atmosphäre der wilhelminische Bau hinter der Trabrennbahn indes bietet und so nah er an seinem Publikum dran ist – so problematisch ist seine Akustik. Rameaus elegante Suite aus der Oper „Hippolyte et Aricie“, mit der die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen ihr Konzert eröffnete, war – vom Komponisten klein und ohne Blechbläser besetzt – zwar noch gut durchhörbar. Der Orchesterpart von Sibelius’ Violinkonzert allerdings mit seinen starken Posaunen und einer in den Streichern gelegentlich seltsam ausgedünnten Struktur kam streckenweise nur schemenhaft ans Ohr, was bedauerlich war. Denn mit viel Sinn für Transparenz und federnder Präzision beleuchten die Bremer (das war auch bei den Proben zu erleben) viele sonst kaum auffallende Details, so das zart und witzige Miteinander von Sologeige und einzelnen Orchesterinstrumenten oder (im dritten Satz) der rhythmische Humor der Streicherbegleitung.

Die Solistin des Abends, die ernst und mädchenhaft wirkende Viktoria Mullova, hatte dank ihres von russischem Vibrato durchglühten Tons keinerlei akustische Probleme. Noch die fingermordendsten Kadenzen und Doppelgriffe nahm sie mühelos und locker. Man hätte sie für kühl, sogar distanziert halten können, hätte sich makellose Form unter ihren schlanken, langen Fingern nicht immer wieder in hörbar beseelten Inhalt verwandelt.

Zum großen Sommer vor den Fenstern und zu den vielerlei weißen Frackhemden und Hosenträgern der Musiker, die ihre schwarzen Jacken draußen gelassen hatten, passte abschließend Mendelssohns Erste Sinfonie. Dirigent Daniel Harding der die Bremer nach dieser Tournee verlässt (siehe Haupttext) hat sich da ein klimatisch freundliches Abschiedsprogramm zusammen gestellt.

Stefan Siegert

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