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vorlaufWie der Westen gewonnen wurde

„Amerikas Wilder Westen“ (20.15 Uhr ZDF)

Unser Mann in Washington hat eine Bahnfahrkarte gekauft und sich auf den Weg in eine Traumlandschaft begeben. In ein topografisches Versprechen. Er hat sich in St. Louis in den Zug gesetzt, um in einem klimatisierten Eisenbahnabteil den kalifornischen Sonnenuntergängen entgegenzurollen. Viel Neues ist ihm auf der Reise nicht begegnet. Aber das hat unser Mann in Washington schon vorher gewusst: „Im amerikanischen Westen kommt einem vieles bekannt vor. Auch dem, der niemals dagewesen ist.“

Seit 1999 ist Eberhard Piltz Leiter des ZDF-Studios in der amerikanischen Hauptstadt. Weil das in diesen außenpolitisch aufreibenden Tagen ein wenig poetisches Geschäft ist, hat sich der ehemalige „heute-journal“- Moderator zum Ausgleich eine zweiteilige Reisereportage gegönnt. „Wettrennen der Eisernen Pferde“ nannte er die heute ausgestrahlte erste Folge. „Die Hölle auf Rädern“ folgt in der kommenden Woche auf dem gleichen Sendeplatz. „Amerikas Wilder Westen“ sind beide kaum originell überschrieben.

Was weit weniger tragisch wäre, würde der Inhalt nicht halten, was dieser Titel verspricht. Piltz erzählt von Zeitzonen und Staudämmen, von chinesischen Leiharbeitern, deutschen Goldgräbern. Und von rivalisierenden Bahngesellschaften und deren Wettrennen um den ersten Schienenweg zur weit entfernten Pazifikküste. Er sammelt mundgerechte Anekdoten am Rande der Bahntrasse auf, die in erster Linie illustrieren, was wir zuletzt mal wieder aus dem Mund von Arnold Schwarzenegger hören konnten: Amerika, beschworen als jener mythische Ort, in dem es ein Mann einfach machen muss. Die einen graben nach Gold oder Fundamente für waghalsige Bahnviadukte. Die anderen werden Schauspieler oder Gouverneur. „Der Eisenbahnbau war ein Triumph der kapitalistischen Idee“, verkündet Eberhard Piltz einmal. Und ist damit nah an der wirklich spannenden Geschichte. Der Frage nämlich, wie konstituierend der Eisenbahnbau gerade für das Zeichensystem Amerika war. Wie sehr er die Art und Weise verändern sollte, in der die Bewohner des Landes künftig über den Raum nachdenken sollten. CLEMENS NIEDENTHAL

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