: Bremen – Modell für Kita-Pädagogik
An der Universität beginnt in dieser Woche das bundesweit einmalige Projekt „Fortbildung für Erzieherinnen“. Die Bremer Uni will von der Bosch-Stiftung Geld – und als „Modellzentrum“ für die fachliche Ausbildung von Kita-Kräften anerkannt werden
Bremen taz ■ 50 ErzieherInnen – darunter zwei Männer – haben gestern an der Bremer Uni eine besondere Weiterbildung begonnen. In zehn „Blockwochen“, verteilt auf zwei Jahre, sollen sie Anschluss an die international übliche Qualifikation von Kita-MitarbeiterInnen bekommen. „Wir haben in Österreich und in Deutschland die am schlechtesten ausgebildeten Pädagogen in diesem Vorschulbereich“, kritisiert der Pädagogik-Professor Wassilios Fthenakis von der Universität Bozen, der die Bremer Initiative unterstützt. Das Bremer Fortbildungsprogramm ist einzigartig für deutsche Verhältnisse und doch nur ein provokativer Hinweis auf das Problem. Wenn heute beschlossen würde, die Ausbildung von 325.000 Kita-Fachkräften in Deutschland auf das international übliche Niveau anzuheben, so meinte Fthenakis, so würde es doch 25 Jahre dauern, bis das Ziel annähernd erreicht sei.
Ende des Jahres, so prophezeite Fthenakis, werde das Thema der vorschulischen Bildung wieder in aller Munde sein, dann werden nämlich die Ergebnisse einer OECD-Studie veröffentlicht. Deutschland wird auch da weit hinten liegen, vermutet Fthenakis, der die OECD-Auswertung für Österreich leitet. Zum Beispiel habe er gerade das Vorschul-System in Neuseeland inspiziert und festgestellt: Auf 15 Kita-Kinder kommt da eine an der Universität ausgebildete Fachkraft. In Deutschland werde genauso viel Geld ausgegeben für die Kitas, erklärte Fthenakis, aber das Ausbildungsniveau sei deutlich schlechter und Fortbildung gebe es bisher überhaupt nicht.
Für Fthenakis ist auch ein wichtiger Teil der schlechten Pisa-Ergebnisse mit der Lage der Vorschul-Pädagogik in Deutschland erklärbar. Aber die Politik drückt sich um die Konsequenzen. Mit dem fachlich zuständigen Sozialressort, meinte Ilse Wehrmann von den Evangelischen Kitas, gebe es seit Monaten keinen fachlichen Dialog. Der Landesverband, dem Wehrmann vorsteht, ist Mitveranstalter der Fortbildung an der Uni. Wehrmann diskutiert das Problem also mit dem Bildungssenator und der Universität. Und die Universität will sich bewerben bei der Robert-Bosch-Stiftung, die erhebliche Stiftungsgelder zur Verfügung stellen will. „Initiative der Robert-Bosch-Stiftung zur Professionalisierung der Fachkräfte für Kindertageseinrichtungen“ heißt das Projekt. Die Stiftung will „Modellzentren“ an verschiedenen Hochschulen fördern. Bremen soll eines dieser „Modellzentren“ werden, das ist auch das Interesse von Berater Fthenakis. Das kleine Fortbildungsprogramm ist einer der Bausteine für den Bosch-Antrag.
In Neuseeland ist es beispielsweise üblich, dass jedes Kind in den Jahren seines Kita-Besuches in seinem Verhalten und Lernfortschritt mehrfach ausgiebig beobachtet wird, die Beobachtungen werden dokumentiert. Dafür muss eine Erzieherin sich Zeit nehmen können und dafür muss sie qualifiziert sein. Ilse Helmken, eine der Teilnehmerinnen an der Fortbildung, will das jetzt lernen. Unter anderem deswegen zahlt sie mehr als 1.000 Euro für das Fortbildungsprogramm der Universität. Sie sei seit über 20 Jahren Kindergärtnerin, sagt sie. Wie man Kinder pädagogisch und entwicklungspsychologisch verantwortlich beurteilt, das habe sie damals in ihrer Ausbildung aber nicht wirklich gelernt.
Klaus Wolschner
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