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ejectJUDITH LUIG über die große RTL-Familie, Nobelkarossen und stolze Väter

Stellungswechsel

Die eigentliche Sensation stand natürlich wieder draußen vor der Tür: Ein nagelneuer Maybach in schimmerndem Metallicgrau. Hingegossen vor das RTL-Hauptstadtstudio. Auf dem Kotflügel das MM-Emblem. Mächtiger Mahr. Hans Mahr, RTL-Informationsdirektor. Ihm gehört das Ding.

Umrundungszeit so einer 350.000-Euro-Limousine zu Fuß: eine Minute und fünf Sekunden. Wahrlich ein standesgemäßes Gefährt für den deutschen TV-Marktführer. Und ein konsequentes Signal in kriseligen Medienzeiten.

Wollten ja gerüchtehalber auch mal andere haben: Springer-Chef Mathias Döpfner zum Beispiel, und dann gleich zwei davon. Passte damals nur nicht so ganz zum aktuellen Sparkurs des Verlagsriesen. Obwohl: Nach den jüngsten Halbjahreszahlen stimmt die Kasse ja wohl wieder …

Drinnen ging es derweil um Deutschlands schönsten „Nachtjournalmoderator“. Ab Januar 2004 werden wir auf Heiner Bremers „Vollblutjournalismus“ um Mitternacht verzichten müssen. Doch Trost naht: Christof Lang, künftig Redaktionsleiter und Moderator, hat mit 42 auch schon ganz ordentlich weiße Haare. Den Löwenanteil der Moderation übernimmt aber die blondgewellte Susanne Kronzucker, 38, und die, sagt Hans Mahr ist „auch bei Erotik ganz vorne“. Aha.

Schuld an Bremers Ausstieg ist übrigens natürlich niemand anders die „Christl“. Bremers Ehefrau habe nämlich immer bei Mahr angerufen und gefragt, ob es wirklich sein muss, dass der Heiner, 62, in seinem Alter wirklich jeden Tag erst so spät nach Hause kommt: „Wie lange geht das noch?“

Das ist nicht nur ein weiterer, zugegebenermaßen indirekter Beweis, dass Frank Schirrmachers FAZ-These von der Dominanz der Weiblichkeit im Nachrichtengeschäft ins Schwarze trifft. (Nannte nicht auch Mahr irgendwann Susanne Kronzucker versehentlich Sabine?) Sondern irgendwie auch rührend. Genau wie Vater Kronzucker, der stolz nach der Tochter linste und verlegen meinte: „Man muss doch mal gucken, was die Kinder so machen.“

Vor dem Haus entschwand inzwischen der Maybach. Hans Mahr musste noch zum Medienforum ins ICC. Später wurde dort auch der parkende Wagen gesehen. Im Halteverbot.

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