■ Zum taz.mag-Artikel von Ralph Bollmann: Bei der taz regnet‘s rein
betr.: „Bedenkenloser Hochmut“, taz.mag vom 30. 8. 03
Ralph Bollmann schreibt über den „klassischen Hass“ auf Amerika, so als ob jede US-kritische Stimme mit „antiamerikanischem Ressentiment“ gleichzusetzen sei und die Kritiker der terrorfördernden US-Regierungen verblendete Idioten ohne politisches Urteilsvermögen seien. Als ob der Bush-Gegner per se mitverantwortlich dafür ist, wenn Verlage an Verschwörungstheorien verdienen und profilierungssüchtige Politiker dumme Vergleiche wie Bush sei wie Hitler verbreiten. Andererseits hat der Autor Recht, wenn er die verlogene Fixierung auf den Sündebock „Amerika“ kritisiert. Es gibt kein besseres oder gutes Europa.
RALPH SEGERT, Herten
Da wird den europäischen Kritikern des Kriegstreibers G. W. Bush pauschal ein postpubertärer Antiamerikanismus und eine indifferente Ignoranz gegenüber den Krisengebieten der Welt und den fundamentalistischen Terroranschlägen unterstellt, gar eine „klammheimliche Freude“ an den chaotischen Zuständen nach dem US-Einmarsch in den Irak. Beim Lesen dieser Polemik habe ich vergeblich nach Anzeichen gesucht, die diesen Beitrag als Satire ausweisen.
Von welchem Land spricht R. B. eigentlich, wenn er einen „befreiten Irak“ postuliert? Der Irak, über den die taz in den vergangenen Monaten berichtet hat, ist ein Land, in dem die Infrastrukturen auf Jahre hinaus zerstört sind, in dem Gewalt und Plünderungen herrschen, und in dem politische und wirtschaftliche Stabilität nicht in Sicht sind. Was ist das für eine Freiheit, wenn Zerstörung, Chaos und Armut den Boden bereiten für weiteren Extremismus, Terror und neue diktatorische Regime? Ralph Bollman versäumt es leider auch, einen Gegenentwurf zu einer flachen antiamerikanischen Sichtweise vorzustellen. […]
SABINE DWENGER, Soltau
Tja, ich bin nicht „nachdenklich“, denn ich habe, meint die Inlandsredaktion der taz, wie viele andere einen „Dachschaden“, denn ich traue den USA und ihrer Regierung zwar nicht alles, vor allem Gutes, aber vieles, vor allem Schlechtes zu. Was angesichts der Wohltaten, die die USA zwischen Vietnam und Nicaragua verteilt haben, sehr ungerechtfertigt ist, aber ich habe halt einen „Dachschaden“. Deshalb bin ich auch der Auffassung, dass „der wahre Grund für Amerikas (der USA?) Stärke“ nichts mit Einwanderung und Multikulturalität zu tun hat, sondern mit der eminenten militärischen Gewalt, die die USA mobilisieren können. Jeder einzelne US-Staat wäre weder dominant noch stark. Als Vereinigte Staaten jedoch können sie angesichts der relativen militärischen Schwäche aller anderen Staaten machen, was ihnen in den Kram passt. Da herrscht kein Recht und kein Gesetz. Und das findet Ralph Bollmann prima. Und wer das nicht prima findet, hat einen – „Dachschaden“. Ich finde, bei der taz regnet’s rein.
RICHARD KELBER, Dortmund
Mein Vater ist Amerikaner, meine Mutter lebt dort und ich habe das Vergnügen, seit 15 Jahren zwischen dem alten Europa und dem neuen Imperium hin und her zu pendeln. Ich liebe das Land und viele seiner Menschen. Trotzdem verzichte ich gerne auf den Segen der pax americana und das „Bürgerrecht“! Und ich bin froh, in einer echten Provinzdemokratie zu leben, die nicht mit einer Verfassung arbeiten muss, die 200 Jahre alt und absolutly outdated ist. Oder in einer „Demokratie“, in der mehr Menschen für Al Gore gestimmt haben als für den amtierenden Präsidenten, oder in einer „Demokratie“, in der eine Stimme in Wyoming ungefähr 20-mal so schwer wiegt wie die Stimme eines Wählers in Kalifornien, oder in einer „Demokratie“, in der man als Mandatsträger Millionär sein muss, weil man seinen Wahlkampf selbst finanzieren muss. […] CHRISTIAN PETKE, STEINBACH
Ja, ich war auf Antikriegsdemos! Auf Demos sind die Meinungen logischerweise sehr vielfältig, ein Kritikpunkt war aber, dass die USA und Großbritannien mit Unterstellungen, ohne Beweise und an der UNO vorbei, einen Krieg vom Zaun brechen wollten. Und leider hat es sich bewahrheitet. Ein „wohliges Gefühl“ kann ich dabei nicht empfinden. Auch die Befürchtungen, dass die Kriegskoalition kein Konzept und kein Geld für einen Wiederaufbau haben, scheinen sich zu bestätigen. Und ich habe auch nicht das Gefühl, dass die Welt jetzt sicherer geworden ist. Mir scheint eher, dass das Gegenteil eintrat, wenn man die Anschläge der letzten Monate betrachtet. Da aber der Flächenbrand ausblieb, haben die Koalitionäre doch recht getan? DIRK ZIMMERMANN, Siegen
Der Artikel von Herrn Bollmann über den Antiamerikanismus der Europäer ist für alle diejenigen ein herber und deprimierender Rückschlag, die stets versuchen, trotz aller berechtigter Kritik an der Politik der jeweiligen U.S.-Regierung und an manchem, was wir in Europa nicht so recht verstehen, ein historisches, politisches und intellektuelles Verständnis für die USA in ihrer so anderen Gesellschaft und Verfasstheit als Kontinent und „National“-Staat zu wecken, um damit ein verständliches Vokabular miteinander zu entwickeln, das eine zielgerichtete, sinnvolle Auseinandersetzung ermöglichen kann.
[…] Es ist schlicht sinnlos, die von Herrn Bollmann angeführten Beispiele diskutieren zu wollen. Dann wäre es heilsamer, sich mit Leuten vom Schlage eines Robert Kagan zu treffen, von denen selbst heftige Kritiker der USA zumindest noch einen persönlichen Nutzen in der Auseinandersetzung haben können.
HERMANN BÜNZ, z. Z. Israel
Noch kurz zu dem von Bollmann erwähnten „alten“ Rom: Er hat nicht geschrieben, ob wir die privilegierten Bürger der „Pax Romana“ sind oder diejenigen, die 400 Jahre lang im Colosseum zum Machterhalt des Kaisers (heute wohl Herrn Bushs) starben.
MICHAEL GRUND, Berlin
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