: Phantome der Erinnerung
Im Tanzstück „Basically I don’t but actually I do“ reagieren ein Deutscher und seine israelische Kollegin auf ein Foto, auf dem ein SS-Mann eine jüdische Frau erschießt
Der Ausgangspunkt für den Berliner Choreografen, Tänzer und Performancekünstler Jochen Roller, seit 2007 Kurator des Tanzprogramms auf Kampnagel, und seine israelische Kollegin Saar Magal ist ein Foto. Darauf zu sehen ist ein SS-Mann, der eine jüdische Frau erschießt.
Mit ihrem Tanztheater „Basically I don’t but actually I do“, das ab Mittwoch auf Kampnagel zu sehen ist, reagieren die beiden Enkel der Täter und Opfer des Nationalsozialismus, die für die Produktion zum ersten Mal miteinander gearbeitet haben, mit einem Katalog aus Bildern und Situationen: Phantome der Erinnerung an die Shoah, gespeichert in den Körpern und Köpfen der dritten Generation. Des einen Mutter beschäftigte sich als Richterin mit Wiedergutmachungsklagen von Verfolgten des Dritten Reiches, für die im israelischen Petach Tikva geborene Magal ist die Shoah Teil des Lebens, so weit ihre Erinnerung reicht. Ein Großteil ihrer Familie ist in Auschwitz ermordet worden.
Choreografisch ergründen Roller und Magal wie diese Bilder und Situationen die Wahrnehmung der anderen beeinflussen. Was etwa wäre, wäre der SS-Mann der Großvater Rollers und die erschossene Frau die Großmutter Magals? Klären lässt sich das nicht. Die Großeltern sind verschwunden und mit ihnen der direkte Zugang zur historischen Information. Stattdessen erproben Roller und Magal verschiedene Versuchsanordnungen, die Aufschluss darüber geben sollen, welche Vorstellungen und welche Realitäten das deutsch-israelische Verhältnis prägen. MATT
Premiere: Mi, 4. 3., 20 Uhr, Kampnagel, Jarrestraße 20; weitere Vorstellungen: Fr, 6. 3. – So, 8. 3. und Do, 12. 3. – Sa, 14. 3.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen